Auszeit im Kloster: Sinnsuche statt Stress

Ruhe und Weltabgewandtheit. Dicke Mauern schirmen Hektik und Lärm ab – Urlaubstage für „das Innere“.

Düsseldorf. "Geh doch ins Kloster!" ist in aller Regel ein wenig freundlicher Ratschlag an Menschen, die als Spaßbremsen gelten. Wer ihn ausspricht, hält Klöster für nicht gerade attraktive Aufenthaltsorte. Aber sie sind es - vielleicht mehr denn je zuvor. Während die Ordensgemeinschaften selbst Nachwuchssorgen haben, zieht es viele Menschen zumindest für einen überschaubaren Zeitraum hinter Klostermauern - für ein Wochenende oder 14 Tage.

"Rund 300 Klöster allein in Deutschland machen entsprechende Angebote", sagt Arnulf Salmen von der Deutschen Ordensobernkonferenz (dok) in Bonn. Das Kloster Frauenchiemsee in Bayern gehört genauso dazu wie Karmel St. Teresa in Birkenwerder bei Berlin. Und zu den Betrieben der Abtei Maria Laach in der Eifel gehört neben Obstgarten und Glockengießerei sogar ein eigenes Hotel. In vielen Klöstern können Einzelgäste eine Zeit lang Abstand vom Alltag suchen. Oft gibt es aber auch Angebote, bei denen Gäste gemeinsam die Zeit verbringen.

Die Benediktinerabtei St.Mauritius in Niederaltaich (Bayern) hat inzwischen ihr ehemaliges Internat zum Gästehaus ausgebaut. Anstoß dazu gab die praktische Frage, wie sich die Internatsräume vernünftig nutzen ließen. "Aber wir haben uns auch gefragt, was sehen wir eigentlich als unsere Aufgabe?", erzählt Cellerar Vinzenz Proß. "Dazu gehört, Gästen spirituelle Inhalte zu vermitteln und am Leben im Kloster teilhaben zu lassen." In Niederaltaich richtet sich das Programm "Kloster auf Zeit" ausschließlich an Männer. Einsteiger kommen für 14 Tage, Wiederholer für eine Woche.

In Niederaltaich ist das schon seit gut 50 Jahren möglich. "Am Anfang waren es aber nur katholisch sozialisierte Gäste", sagt Pater Vinzenz. "Heute ist das Spektrum breit: Auch Protestanten, aus der Kirche Ausgetretene oder Menschen, die sich an fernöstlichen Religionen orientieren, kommen zu uns." Das Wesentliche sei, dass die Gäste am Tagesablauf der Mönche teilnehmen. Das heißt Aufstehen schon um 5.30 Uhr sowie viermal täglich gemeinsames Gebet.

Die Motivation, sich wenn auch nur für kurze Zeit dem mönchischen Leben anzupassen, kann unterschiedlich sein: "Anfangs ging es ums Auftanken", sagt Pater Vinzenz. "Viele möchten weg von zwei Handys und den ständigen E-Mails. Aber noch mehr ist es heute ein Unbefriedigtsein mit dem, was in der Welt gelebt wird." Viele Gäste seien auf Sinnsuche und wollten sich im "Kloster auf Zeit" Fragen stellen, die sonst im Alltag untergingen. Erholsam im Sinne von Wellnessurlaub sei das nicht: "Wenn der äußere Stress weg ist, fängt der innere an. Das kann eine hochanstrengende Zeit sein."

Auch das Kloster Münsterschwarzach zwischen Volkach und Kitzingen in Franken beherbergt schon immer Gäste. Das Interesse ist groß: "Wir müssen regelmäßig Gruppen und auch Einzelgästen aus Platzmangel absagen", sagt Bruder Jakobus Geiger. 2011 soll sich die Bettenzahl aber auf rund 150 fast verdoppeln. Das Kloster nimmt jedoch üblicherweise keine Touristen auf, auch keine Fahrradurlauber, die an der Abtei vorbeikommen.

"Uns geht es mehr darum, den suchenden Menschen einen spirituellen Raum anzubieten." So gibt es im Gästehaus keinen Fernseher. Die Gäste, die sich für Münsterschwarzach entscheiden, vermissen den selten: "Ihnen geht es um Stille, darum, Luft zu holen, sich zurückzuziehen", sagt Bruder Jakobus. "Sie kommen um sich inspirieren zu lassen."

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