Aufräumen am „Ballermann“ beunruhigt auch Einheimische

Palma de Mallorca (dpa) - Mit dem Eimersaufen ist es am Ballermann bald vorbei. In Palma de Mallorca müssen sich Touristen künftig beim Feiern zügeln. Eine neue Regelung verspricht Ordnung und Ruhe, doch warnen Opposition und Experten vor schlimmen sozialen Folgen.

Aufräumen am „Ballermann“ beunruhigt auch Einheimische
Foto: dpa

Am „Ballermann“ wird gnadenlos aufgeräumt. Palma de Mallorca hat am Montagabend (12. Mai) eine Verordnung verabschiedet, die ausschweifenden Trinkgelagen auf der beliebten Partymeile - dem berühmt-berüchtigten Sangria-Eimersaufen am Meer - ein Ende setzen soll. Auch das Tragen von Badekleidung abseits der Strände, das Pinkeln und Spucken in der Öffentlichkeit, das Ansprechen von Straßenprostituierten und anderes stehen von diesem Sommer an in der Hauptstadt der spanischen Ferieninsel unter Strafe.

Die meisten Einheimischen freuen sich. Offen bleibt, wie die Touristen reagieren und ob die Wildesten unter ihnen dann andere Ziele bevorzugen werden. Die Wirte machen sich geringe Sorgen. „Das war schon schlimm, was manche Touristen hier veranstaltet haben. Es gab vor allem im Arenal und in Magaluf oft Schlägereien unter Betrunkenen, im Herbst war dann alles kaputt. Und in der Stadt muss man sich ordentlich anziehen, ist doch klar. Zu Hause machen die das sicher nicht. Ob welche nun wegbleiben, weiß ich nicht, aber dann werden sicher andere kommen“, sagt Manuel Sanchez, Geschäftsführer des Hostal Pinar, der Nachrichtenagentur dpa.

Mehr Unruhe wecken die neuen Benimmregeln bei Aktivisten und Sozialarbeitern sowie bei der linken Opposition, die im Rathaus geschlossen gegen die „Verordnung für zivilisiertes Verhalten“ votierte. Es wird geklagt, dass die konservative Kommunalregierung nicht nur die wildesten unter den Touristen, sondern auch und vor allem „die Schwachen der Gesellschaft“ wie etwa Prostituierte, Obdachlose und auch Straßenkünstler ins Visier nimmt. Zudem könne die neue Verordnung zur Unterdrückung von Demonstrationen missbraucht werden, heißt es.

Man erlebe gerade in Palma eine „Reise zurück in die Franco-Diktatur“, behauptet die Stadträtin Neus Truyol von der Parteienkoalition Més, die sich für Umweltschutz und mehr Souveränität für die Balearen einsetzt. „Die Verordnung ist ein direkter Angriff gegen die Kultur und gegen die Armen, sie verletzt die Grundrechte der Menschen, in dem sie soziale Probleme mit Polizeigewalt zu lösen versucht“, meint sie.

Die sozialistische Stadtpolitikerin Aina Calvo kritisiert, dass die konservative Regierung der Volkspartei (PP) „nur den Restaurants und Kneipen alles gestattet“. Die neue Verordnung sei antisozial, mache „jeden zum Verdächtigen“ und zeige, dass die Regierung unfähig sei, Palmas wirkliche Probleme zu lösen. Der für Tourismus zuständige PP-Stadtrat Álvaro Gijón, der als Vater der neuen Regeln gilt, entgegnet: „Die neue Verordnung wird Abhilfe für rund 15 000 Beschwerden schaffen, die wir im Rathaus jedes Jahr bekommen.“

Die neuen, strengen Benimmregeln sollen nach einer mehrwöchigen Informationskampagne von Juni an im erweiterten Strandbereich und von

September an im gesamten Stadtgebiet gelten. Sie stellen auch „aggressives Betteln“, Verunreinigungen und Graffiti sowie und das Verursachen von ruhestörendem Lärm unter Strafe. Vorgesehen sind Bußgelder von bis zu 400 Euro. „Palma wird sterben, wir werden bald nur noch Rentner aus Nordeuropa hier haben“, sagt ein junger Straßenmusiker, der lieber anonym bleiben wollte.

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