Von Atlanta bis Memphis Auf den Spuren Martin Luther Kings durch die US-Südstaaten

Memphis/Atlanta (dpa/tmn) - Im Aschenbecher liegen zehn ausgedrückte Zigaretten, in der Tasse daneben ist Kaffee kalt geworden. Zimmer 306 des „Lorraine Motel“ in Memphis in Tennessee sieht so aus, wie es Martin Luther King am 4. April 1968 gegen 18.00 Uhr verlassen hat.

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Kurz darauf traf ihn die tödliche Kugel eines Gewehrschützen. Besucher des National Civil Rights Museums, das seit 1991 in dem Hotelgebäude eingerichtet ist, können durch Fensterglas einen Blick hineinwerfen.

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50 Jahre ist es her, dass Martin Luther King sein Leben verlor. Der charismatische Friedensnobelpreisträger von 1964 hat viel erreicht für die Bürger- und Wahlrechte der Afroamerikaner in den USA, er war kurz vor seinem Tod aber auch frustriert darüber, nicht mehr auch gegen die wirtschaftliche Ungleichheit im Lande bewirken zu können. Kings Zeitgenossen sind heute alt oder leben selbst nicht mehr. Die Aufgabe, die Erinnerung an ihn und sein Werk weiterzutragen, haben an Stationen seines Lebens mehrere Museen übernommen. Eine Tour mit vier Etappen: von Atlanta über Montgomery und Birmingham bis nach Memphis.

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Station 1: ATLANTA, GEORGIA

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Das Geburtshaus. Sein Grab auf einer Insel in einem künstlichen Pool vor dem King Center. Die alte Ebenezer Baptist Church, in der Martin Luther Kings Vater Pastor war. Alles liegt nahe beieinander im Stadtteil Auburn. Der US-Nationalparkservice ermöglicht freien Zugang. Nur für das gelb gestrichene Holzhaus, in dem MLK, wie er oft abgekürzt genannt wird, am 15. Januar 1929 zur Welt kam, wird der Zugang strikt reguliert: Sechs bis sieben Touren gibt es pro Tag, nur 15 Teilnehmer dürfen jeweils hinein ins Haus. Vor allem im Sommer ist der Andrang groß, sagt Lindsey Watts von Atlantas Tourismusbüro.

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Der Weg zurück ins Stadtzentrum lässt sich gut mit einer Straßenbahn zurücklegen, man kann aber auch laufen - und begegnet dabei Menschen, die ganz anders wirken als die würdevollen Kirchenbesucher in der neuen Ebenezer Baptist Church, die 1999 gleich gegenüber der alten Kirche eröffnet wurde. Obdachlose stochern im Müll, Touristen werden angebettelt, Drogen zum Kauf angeboten. Auch wenn kein Gefühl von Unsicherheit aufkommt: Kings Traum von Lebensverhältnissen, die für alle in den USA zumindest ähnlich sind, ist hier nicht verwirklicht.

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Wer mehr über die Bürgerrechtsbewegung der 1950er und 1960er Jahre erfahren will, findet im Center for Civil and Human Rights mitten in Atlanta eine gut gemachte Ausstellung. Das Museum zeigt unter anderem historische Filmaufnahmen, die vermitteln, mit welchen Argumenten die Befürworter der Segregation einst geglaubt haben, dieses Modell einer Gesellschaft mit einer Trennung nach Hautfarben behalten zu können.

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Station 2: MONTGOMERY, ALABAMA (per Auto von Atlanta: zwei Stunden und 20 Minuten über den Interstate-Highway I-85, 260 Kilometer)

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Rosa Parks hieß die Frau, die sich 1955 in der Hauptstadt Alabamas weigerte, im Bus ihren Platz für weiße Fahrgäste freizugeben und deshalb verhaftet wurde - der Auslöser für den Montgomery-Busboykott der Schwarzen, der 381 Tage dauerte und mit dem Ende der Segregation in den Bussen per Gerichtsbeschluss endete. Einer der Organisatoren dieses gewaltfreien Widerstand, war Martin Luther King, der 1954 in Montgomery seine erste Pastorenstelle angetreten hatte.

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MLK's Kirche war die heutige Dexter King Memorial Church. Gerne zeigt Führerin Wanda Howard Battle Kings Schreibtisch aus den 1950er Jahren und das Pult, an dem er Predigten hielt. Später bittet sie die Besucher, sich die Hände zu reichen und mit ihr im Mittelgang der Kirche einen Kreis zu bilden. Für jeden Gast spricht Wanda ein Gebet. Anschließend singen alle gemeinsam „We shall overcome“, die Hymne der US-Bürgerrechtsbewegung. „So endet jede Tour hier“, erzählt Wanda.

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Die Kirche gehört zum Anfang 2018 ins Leben gerufenen US Civil Rights Trail, einem Verbund von Schauplätzen der Bürgerrechtsbewegung. Unter dem Motto „Was hier geschah, hat die Welt verändert“ führt er zu gut 110 Orten in 14 US-Bundesstaaten und in Washington. Ziel sei es, Reisenden „zu zeigen, was sich an einzelnen Orten ereignet hat und sie herausfinden zu lassen, wie diese Erfolge den Menschen anderswo Mut gemacht haben“, erläutert Alabamas Tourismusdirektor Lee Sentell.

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Kein US-Staat ist beim US Civil Rights Trail so stark vertreten wie Alabama, allein in Montgomery sind es zehn Erinnerungsstätten. Für Rosa Parks gibt es ein eigenes Museum, und im „Civil Rights Memorial Center“ wird der mindestens 41 Menschen gedacht, die im Kampf für die Bürgerrechte starben - einer von ihnen war Martin Luther King.

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Station 3: BIRMINGHAM, ALABAMA (per Auto von Montgomery: eine Stunde und 30 Minuten über den Interstate-Highway I-65, 150 Kilometer)

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Alabamas größtes Ballungszentrum kannte lange Zeit besonders harte Segregationsgesetze: „Die Stadtregierung hatte jede kleine Einzelheit des Alltags detailliert geregelt“, erzählt Barry McNealy, der Gäste durch das Birmingham Civil Rights Institute (CRI) führt. Es ist ein weiteres beeindruckendes Museum zur Geschichte der Bürgerrechtsbewegung. Noch 1950 wurde zum Beispiel das gemeinsame Baseball-, Basketball- und Footballspielen von Schwarzen und Weißen in der Stadt verboten.

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Obwohl sie fast 40 Prozent der Bevölkerung stellten, durften Dunkelhäutige im Jahr 1940 nur auf 11 Prozent der Stadtfläche leben, dicht an dicht und mit schlechterer Infrastruktur. 50 rassistisch motivierte Bombenanschläge auf schwarze Einrichtungen von 1945 bis 1962 brachten der Stadt zeitweise den Spitznamen „Bombingham“ ein.

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Am 12. April 1963 wurde Martin Luther King während eines Protestmarsches durch Birmingham festgenommen. Wenige Wochen später demonstrierten dann Tausende Schüler auf Straßen und Plätzen gegen die Segregation. Die lokale Polizei unter Kommando von Commissioner Eugene „Bull“ Connor reagierte brutal. Sie setzte unter Hochdruck stehende Feuerwehrschläuche und scharfe Schäferhunde gegen Teenager ein. Filmaufnahmen davon sorgten weltweit erst für Entsetzen und dann für größere politische Unterstützung für die Bürgerrechtsbewegung.

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Mehrere Denkmäler im Kelly Ingram Park erinnern heute an diese Zeit, auch für MLK steht dort eine Statue. Sie blickt quer über die Straße zur 16th Street Baptist Church, wo am 15. September 1963 an der Außenwand eine Bombe explodierte und im Keller vier junge Mädchen tötete. Die Uhr, die durch die Detonation um 10.22 Uhr stehenblieb, ist heute in einer Ausstellung in dem Backsteingebäude zu sehen.

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Station 4: MEMPHIS, TENNESSEE (per Auto von Birmingham: drei Stunden und 40 Minuten über den Interstate-Highway I-22, 390 Kilometer)

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Der letzte Stopp auf der Reise. Martin Luther King kam 1968 in der Stadt am Mississippi, um einen Müllmännerstreik zu unterstützen. „I am a Man“, stand bei den Märschen auf den Plakaten der Arbeiter. Das sollte zugleich heißen: „I'm not a boy“, denn als Boys - also als Jungs oder Laufburschen - wurden dunkelhäutige Männer damals oft abwertend bezeichnet. Das Streikhauptquartier, die Methodistenkirche Clayborn Temple, wird nach rund 20 Jahren Leerstand gerade aufwendig renoviert.

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Was die Müllarbeiter antrieb, zeigt das National Civil Rights Museum. Dessen Ausstellung reicht aber auch weiter zurück bis in die Zeit der Sklaverei, die in den USA fast 250 Jahre dauerte. Wer mag, kann die Geschichte der Segregation und der Bürgerrechtsbewegung hier nochmal nachvollziehen, Rosa Parks wieder begegnen und Martin Luther King bei seiner berühmten Rede „I have a dream“ 1963 in Washington zuhören.

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Auch das Haus auf der anderen Straßenseite, aus dem ein Mann namens James Earl Ray um 18.01 Uhr den tödlichen Schuss auf King abgegeben haben soll, gehört zum Museum. Die Ausstellung dort widmet sich auch der Frage, ob Ray wirklich alleiniger Täter war. Eine Antwort gibt das Museum nicht. Und so steht man später etwas rätselnd auf dem Museumsvorplatz und schaut auf den Kranz, der an der Balkonbrüstung genau vor der Tür zu Zimmer 306 hängt - dort, wo vor 50 Jahren der mitreißendste Redner des Civil Rights Movement für immer verstummte.

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