Kathedrale Pariser Touristenmagnet Notre-Dame bröckelt

Paris (dpa) - Sie ist das meistbesuchte Monument von Paris, Millionen Touristen bewundern jedes Jahr die Kathedrale Notre-Dame. Der imposante Anblick der Hauptfassade mit den zwei flachen Türmen lässt nicht vermuten, dass das Wahrzeichen im Herzen der französischen Hauptstadt ein großes Problem hat.

Kathedrale: Pariser Touristenmagnet Notre-Dame bröckelt
Foto: dpa

An vielen Stellen bröckelt die Bausubstanz - und das vom Staat bereitgestellte Unterhaltsbudget reicht nicht für eine umfassende Sanierung. Deshalb hofft die Kirche nun auf private Wohltäter. Eine Spendenkampagne soll den stolzen Betrag von 100 Millionen Euro auftreiben.

Kathedrale: Pariser Touristenmagnet Notre-Dame bröckelt
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Bei einem Rundgang über das Dach des Seitenschiffs zeigt Michel Picaud die Schäden: Der Stein der Strebebögen ist von Witterung und Luftverschmutzung angefressen, zwei Seitentürmchen wurden mit einer Behelfskonstruktion stabilisiert. Wasserspeier haben die Gesichtszüge verloren, eine Balustrade ist notdürftig durch Holz ersetzt. Am Spitzturm in der Mitte der Kirche dringe Wasser ein, erzählt Picaud - das gefährde den Dachstuhl des Meisterwerks der Gotik. An manchen Stellen sind Steinbrocken auf niedriger liegende Dächer gefallen.

„Das ist beunruhigend“, sagt Picaud - er hat es sich zur Aufgabe gemacht, die fehlenden Millionen aufzutreiben, um die alte Dame auf der Seine-Insel Île de la Cité wieder in Schuss zu bringen. „Es ist wirklich Zeit, etwas zu tun.“ Zumal es nicht nur ums Aussehen geht: Die Strebebögen beispielsweise stützen von außen das Hauptgewölbe, die kleinen Türmchen (Pinakel) am Ende der Strebebögen stabilisieren wiederum mit ihrem Gewicht die Konstruktion.

Picaud ist Präsident der Stiftung Friends of Notre-Dame de Paris, die eigens gegründet wurde, um gezielt auch Mäzene in den USA zu werben. Die Franzosen setzen auf die Paris-Begeisterung der Amerikaner und die dortige Wohltätigkeits-Tradition. 150 Millionen sollen über die kommenden Jahre in die Restaurierung fließen. Ein Drittel soll der Staat beisteuern, der Eigentümer des Bauwerks ist. Er hat seinen jährlichen Beitrag von zwei auf vier Millionen Euro erhöht - unter der Bedingung, dass Privatmitteln dazukommen.

Der Erhalt der zahlreichen Baudenkmäler bereitet in Frankreich auch anderswo Kopfzerbrechen. Präsident Emmanuel Macron hat den bekannten Fernsehmoderator Stéphane Bern beauftragt, neue Wege zur Finanzierung zu suchen - gerade für Gebäude, die nicht weltweit bekannt sind. Mit der Idee, von Touristen für den Besuch von Kathedralen künftig Geld zu kassieren, stieß Bern prompt eine heftige Debatte an. Auch in Paris hat die Kirche diese Option ausgeschlossen: Der Besuch von Notre-Dame soll unbedingt gratis bleiben.

700 Spender habe die im vergangenen Jahr angelaufene Kampagne bereits geworben, erzählt Michel Picaud der Deutschen Presse-Agentur. Die Hälfte seien Franzosen, die andere Hälfte komme aus dem Ausland. Wie viel Geld bereits zusammenkam, verrät er nicht - er macht aber keinen Hehl daraus, dass man noch weit vom Ziel entfernt ist. Die beiden ersten Baugerüste sollen dennoch im April angebracht werden: Zunächst steht die Sanierung des Spitzturms und eines ersten Strebebogens an.

Der Architekt Philippe Villeneuve sagte der „New York Times“, die Restaurierung sei schwierig, weil in der gotischen Architektur alle Elemente Bedeutung für die Struktur hätten. „Das ganze Gebäude wird nicht zusammenstürzen, weil Sie drei Pinakel verlieren, aber es wird es aus dem Gleichgewicht bringen.“

Notre-Dame de Paris ist mehr als 850 Jahre alt, der Grundstein wurde im 12. Jahrhundert gelegt. Der Schriftsteller Victor Hugo stellte sie in den Mittelpunkt seines 1831 veröffentlichten Erfolgs-Romans „Der Glöckner von Notre-Dame“. Darin findet sich auch eine Art Alarmruf zum Zustand der Kirche - ein paar Jahre später wurden dann tatsächlich umfangreiche Arbeiten begonnen. Es blieb bis heute die letzte umfassende Instandsetzung. In den 1990er Jahren wurde allerdings die Frontseite gereinigt. Picaud sagt, das Ausmaß der Schäden sei erst in jüngerer Zeit bewusst geworden: „Die Renovierung der Fassade hat ein bisschen die Misere des Rests der Kathedrale versteckt.“

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