Motzer und Meckerer: Wie Veranstalter mit Beschwerden umgehen

Hannover/München (dpa/tmn) - Urlauber meckern über vieles. Die Reiseveranstalter prüfen dann, was an den Beschwerden dran ist. Viele Fälle lassen sich schnell regeln, einige nicht. Schlimmstenfalls landen beide Parteien vor Gericht.

Urlauber sind anspruchsvoll. Passt ihnen etwas nicht, beschweren sie sich bei ihrem Veranstalter. Zwar haben nur ein paar Prozent Grund zur Klage, aber übers Jahr gesehen kommen Zehntausende von Beschwerden zusammen. Die großen Veranstalter haben ganze Abteilungen, die sich mit den unzufriedenen Kunden beschäftigen.

Branchenführer Tui ist auch beim Thema Beschwerdemanagement einer der Vorreiter. Eine eigene Abteilung „Kundendienst“ gab es schon Ende der 1970er Jahre, Mitte der 90er hat er ZAK eingeführt. Die drei Buchstaben stehen für „Zügige Abhilfe und Kompensation“, das Regelwerk für den Umgang mit Beschwerden. Zügig heißt: Idealerweise klärt sich das Problem noch am Urlaubsort - egal ob der Kunde kein Zimmer mit Meerblick abbekommen hat oder in der ersten Nacht nicht schlafen konnte, weil die Klimaanlage nicht funktionierte.

„Wir haben das Beschwerdemanagement in die Zielregion verlagert“, sagt Marcus Minzlaff, Leiter des Tui-Kundenservice. „Wir peilen an, 90 Prozent der Beschwerdefälle am Urlaubsziel zu klären.“ Schon jetzt seien es 85 Prozent - eine Größenordnung, die Prof. Torsten Kirstges, Tourismuswissenschaftler an der Jade-Hochschule in Wilhelmshaven, für realistisch hält. Solche Bemühungen seien allerdings keine reine Menschenfreundlichkeit, sondern im Interesse der Veranstalter.

Dafür hat der Reiseleiter weitreichende Kompetenzen bekommen. „Die gleichen wie wir in Hannover“, sagt Minzlaff. Das heißt für das Beispiel mit dem Zimmer ohne Meerblick: Entweder er organisiert ein anderes - oder er kann dem Kunden eine Kompensation dafür anbieten, dass keines zu bekommen ist.

„Beschwerdegrund Nummer eins ist Unzufriedenheit mit dem Hotel“, sagt der Kundenservice-Chef. „Die Qualität des Service, die Animation, erst danach die Hardware, also zum Beispiel ein zu kleines Zimmer.“ In jedem Fall werde recherchiert, was an der Beschwerde dran ist: „Die Zimmergröße kann man nachmessen“, sagt Minzlaff. „Bei Kritik wie "Das Zimmer war total abgewohnt" ist das natürlich auch eine Frage der subjektiven Wahrnehmung.“

Ganz ähnlich sind die Erfahrungen bei den Veranstaltern der Thomas Cook AG. „Wobei die typischen Beschwerden übers Hotel, über dreckige Zimmer oder Ungeziefer im Bad abgenommen haben“, sagt Annette Höher, die dort das Beschwerdemanagement leitet.

„Die große Mehrzahl derer, die sich beschweren, erwartet allerdings auch eine Entschädigung“, sagt Birgit Leyens-Wiedau, Kundenservice-Leiterin bei den Bausteinveranstaltern der DER Touristik (Dertour, Meier's Weltreisen und ADAC Reisen). Es gebe zwar Fälle, die schnell zu klären seien. Bei Beschwerden über zu kleine Zimmer aber etwa muss erst im Hotel oder beim Einkauf nachgefragt werden, wo der Fehler lag - stimmte die Angabe im Katalog nicht - oder hatte der Kunde ein anderes Zimmer als gebucht? „Das lässt sich nicht von jetzt auf gleich erledigen.“ Bei Problemen an Fernreisezielen müsse das Beschwerdeschreiben für Nachfragen auf Englisch übersetzt werden. „Und das kostet Zeit.“

„Bei kleinen Mängeln erledigen wir den Fall in maximal einer Woche“, sagt Thomas Borsch, Leiter der Kundenbetreuung bei Studiosus. Entweder gibt es einen Teil des Reisepreises zurück, wenn ein Mangel vorlag. Bei kleineren Unannehmlichkeiten verschicke man auch mal einen Blumenstrauß oder einen Geschenkkorb. Das ist bei DER Touristik ähnlich: „Wir verschicken auch Bildbände“, erklärt Birgit Leyens-Wiedau, „oder Sektflaschen.“

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