Mitfahrgelegenheit.de: Für 10 Euro in die Ferien

Mitfahrgelegenheit.de im Test: Es geht mit dem Auto nach Prag. Anne, Arturo und ein Motor sind die Gäste. Fazit: Tipps und 90 Euro Verdienst.

Dortmund. Das Navi behauptet: „Fahren Sie rechts ab.“ Doch meine Beifahrerin ruft: „Nein. Stopp! Dann machst du einen Umweg von zwei Stunden. Dein Navi kennt die neue A 38 noch nicht.“ Ich glaube ihr, obwohl ich gerade erst ihre Bekanntschaft gemacht habe.

Das Internetportal Mitfahrgelegenheit.de hat Anne und mich zusammengebracht. Eingesammelt habe ich sie in Dortmund. Jetzt fahre ich weiter geradeaus — und werde tatsächlich zwei Stunden früher als geplant in Leipzig ankommen. Meine Mitfahrerin Anne Vadder hat Recht.

Leipzig ist nur eine Zwischenstation — mein Ziel heißt Prag. In der Hauptstadt der Tschechischen Republik möchte ich Urlaub machen: Sightseeing, Land und Leute kennenlernen. Und auf dem Weg dorthin werde ich ausprobieren, wie viel Geld man durch Portale wie Mitfahrgelegenheit.de sparen kann.

Eine Freundin hat mir das Portal empfohlen. Ich bin noch etwas skeptisch. Würde ich selbst neben jemandem Platz nehmen, dessen Fahrkenntnisse ich nicht einschätzen kann? Einen anderen mitzunehmen — das ist leichter. Dass mein Auto aktuellen Sicherheitsstandards genügt, weiß ich.

Zurück zu Anne. Die 26-Jährige hat derlei Bedenken offenbar nicht. Vertrauensselig nickt sie zwischendurch immer mal wieder ein. Ein Lied von Abba dudelt im Radio, die Autobahn windet sich durch eine hügelige Landschaft. „Ich bin schon oft per Mitfahrgelegenheit gefahren und habe meist gute Erfahrungen gemacht“, sagt sie während eines Halts am Rasthof. „Ist ja auch eine prima Sache. Man sitzt nicht fünf Stunden alleine im Auto, sondern trifft neue Leute und kann mit ihnen quatschen.“ Ökologisch sinnvoll sei es obendrein.

Doch, halt: Eine schlechte Fahrt hat sie in Erinnerung. „Das war eine ganz junge Fahrerin, die das Auto bis unters Dach vollgestopft hatte, dabei laute Technomusik hörte und vollkommen verängstigt hinter dem Steuer saß. Ich wollte nur noch raus.“

Im Gespräch vergehen die 420 Kilometer nach Leipzig fast wie im Flug — fehlen nur noch 260 bis Prag.

Mein zweiter Mitfahrer ist weitaus stiller. Es handelt sich um einen Motorrad-Motor, 50 Zentimeter im Quadrat und 80 Kilogramm schwer. Eingeladen habe ich ihn in Recklinghausen, noch bevor Anne zugestiegen ist. Sein ehemaliger Besitzer wollte ihn einem Kollegen in Prag schicken, „aber mit der Post hätte das 200 Euro gekostet“, sagt er.

„Ich wäre selbst nicht auf die Idee gekommen, aber ein Kumpel hat mir Mitfahrgelegenheit.de ans Herz gelegt.“ Kurz vor der Abreise empfiehlt er mir noch, was in Prag seines Erachtens sehenswert ist: „Die Altstadt ist wunderschön. Und mit Englisch kommt man dort gut zurecht.“ Er drückt mir 40 Euro in die Hand, obwohl ich nur nach 25 Euro gefragt hatte. „Behalt den Rest“, sagt er.

Mitfahrgelegenheit.de hatte mir die besten Vermittlungschancen für die Strecke Dortmund — Leipzig bei einem Fahrpreis von 21 bis 23 Euro versprochen. Anne liegt mit 25 Euro, die sie mir zahlt, darüber. Gratis gibt’s noch einen Tipp für Leipzig: „Stell dein Auto hier in der Nähe der großen Kirche ab, ansonsten musst du teure Parktickets ziehen.“

Ich lade sie und ihr Gepäck aus — und Arturo Eduardo Camus Fuentevilla ein. Der Künstler will alte Gebäude in Prag fotografieren: „Das war schon immer mein Traum.“ Um unvoreingenommen zu sein, hat er sich vorab extra keine Bilder von der Stadt angeschaut. Warum er eine Mitfahrgelegenheit nutzt? „Ich habe einfach eine günstige Reisemöglichkeit gesucht“, sagt der 47-Jährige lächelnd.

Hinter der tschechischen Grenze schläft er ein. Er gibt mir in Prag 25 Euro und fragt, ob ich ihn auch wieder mit zurück nach Deutschland nehmen kann. Ich sage zu. Denn mein Fazit lautet: Bei Benzinkosten von etwa 100 Euro für einen Weg habe ich 90 Euro von meinen Mitfahrern zurückbekommen. Nette Gespräche, Tipps und Abkürzungen inklusive.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Valencia, wie es grünt und knallt
Spaniens drittgrößte Metropole trägt dieses Jahr das Prädikat „Grüne Stadt“ – und feiert im März sein Traditionsfest, die „Fallas“ Valencia, wie es grünt und knallt
Zum Thema
Aus dem Ressort