„Jo-Jo-Taktik“ beim Bergwandern

Berlin (dpa/tmn) - Je höher die Urlaubsregion, desto dünner die Luft. Bis zu 2500 Metern hat der Körper in der Regel kein Problem mit dem geringeren Sauerstoffgehalt. Wer in darüber gelegene Gegenden reist, sollte sich aber unbedingt Zeit zum Anpassen nehmen.

Bergwanderer müssen sich in Höhenlagen von mehr als 2500 Metern beim Aufstieg genug Zeit zum Akklimatisieren nehmen. „Die langsame Anpassung an die sauerstoffärmere Umgebung ist der Schlüssel zu einem sicheren Aufenthalt in der Höhe“, sagte Rainald Fischer, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Berg- und Expeditionsmedizin, in Berlin. Bei täglichen wechselnden Aufenthaltsorten sollte Schlafplatz nicht mehr als 300 bis 500 Meter höher liegen als in der Nacht zuvor. Das gilt auch bei Rundreisen in hochgelegenen Gebieten wie den Anden.

Fischer empfiehlt eine „Jo-Jo-Taktik“: Tagsüber dürften Bergsteiger sich durchaus in höhere Gegenden begeben, aber sie sollten nie mehr als 300 bis 500 Meter höher übernachten als zuvor. Alle 1000 Meter Höhenunterschied legen sie am besten einen zusätzlichen Ruhetag ein. Wer diese Empfehlungen ignoriert, riskiert eine akute Bergkrankheit und andere, schlimmere Höhenkrankheiten.

Grund ist der geringere Sauerstoffgehalt in der Höhenluft, woran der Körper nicht gewöhnt ist. Er versuche dann automatisch, mehr zu atmen, um mehr Sauerstoff zu bekommen, erklärte Fischer. Außerdem gebe es eine Stressreaktion: Der Noradrenalingehalt im Blut steigt an, dadurch erhöhen sich Blutdruck und Herzfrequenz.

Setzt sich der Mensch in kleinen Schritten immer dünnerer Luft aus, kommt der Organismus mit dem Sauerstoffmangel aber gut klar. „Der Körper gewöhnt sich an das schnellere Atmen und bildet mehr rote Blutkörperchen“, sagte Fischer. Allerdings dauere es drei Wochen, bis sich so viele gebildet haben, dass der Körper dadurch so viel Sauerstoff bekommt wie auf Seehöhe.

Die akute Bergkrankheit ist Fischer zufolge die häufigste Form der Höhenkrankheit. Insbesondere bei Gruppenreisen könne es vorkommen, dass einzelne Teilnehmer nicht genug Zeit zum Akklimatisieren hätten. Denn jeder Mensch habe dabei unterschiedliche Bedürfnisse. Wer in leichter Form bergkrank werde, nehme das aber häufig in Kauf, weil er durchaus noch leistungsfähig sei. „80 Prozent der Menschen, die auf den Kilimandscharo gehen, sind bergkrank“, sagte Fischer. Der höchste Berg Afrikas im Norden Tansanias ist 5895 Meter hoch.

Typische Anzeichen der akuten Bergkrankheit sind Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Schwindel, Schlaf- oder Appetitlosigkeit. Wer solche Symptome nicht ernst nimmt und weiter aufsteigt, bekommt im schlimmsten Fall ein Höhenhirn- oder Höhenlungenödem. Dabei sammelt sich Flüssigkeit im betroffenen Organ. Ein Hirnödem kann von Gangunsicherheit bis hin zu Bewusstlosigkeit führen, ein Lungenödem zu Atemnot und blutigem Husten.

Diese Erkrankungen sind mit Medikamenten gut behandelbar. „Das wichtigste Medikament ist aber immer der Abstieg“, betonte der Mediziner. „Wenn der rasch gelingt, ist der Mensch schnell wieder gesund und kann dann auch wieder aufsteigen.“

Grundsätzlich von einer Höhenexpedition absehen sollten Menschen mit einer Lungenerkrankungen wie einer behandlungsbedürftigen pulmonalen Hypertonie oder einer Einschränkung der Lungendiffusionskapazität. Auch wer gerade eine koronare Herzerkrankung durchgemacht hat oder sich von einer solchen erholt, ist ungeeignet. Grundsätzlich empfiehlt Fischer jedem, der eine Reise auf mehr als 2500 Meter bucht, den genauen Urlaubsplan mit einem Reisemediziner zu besprechen und sich zu erkundigen, ob es dabei Probleme geben könnte.

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