Tönisvorst/Krefeld. Razzia in St. Tönis: Zoll vermutet Betrug in Millionenhöhe

Tönisvorst/Krefeld. · 78 Objekte am Niederrhein und im Ruhrgebiet wurden durchsucht.

 Am Dienstagmorgen schlugen Zivilfahnder unter anderem bei einer Baufirma in der St. Töniser Innenstadt zu.

Am Dienstagmorgen schlugen Zivilfahnder unter anderem bei einer Baufirma in der St. Töniser Innenstadt zu.

Foto: Stephanie Wickerath

Einen Tag nach der aufsehenerregenden Razzia durch den Zoll in der St. Töniser Innenstadt haben die Behörden zu einzelnen Details Stellung genommen. Neben Tönisvorst seien die Ermittler auch in Krefeld, Düsseldorf, Mönchengladbach und Wermelskirchen aktiv gewesen. Sowohol Firmen- als auch Privaträume von Unternehmern seien durchsucht worden. In St. Tönis ging es um eine Baufirma mit Sitz in der Innenstadt. Es geht um den Vorwurf der organisierten Schwarzarbeit und ein mutmaßliches Netzwerk, das aus mehreren Unternehmen bestehen soll, erklärte ein Sprecher des Krefelder Hauptzollamtes gegenüber unserer Redaktion.

Am Dienstag in aller Frühe war es zu dem eher außergewöhnlichen Einsatz gekommen: Laut einer Mitteilung des Zollamtes vom Mittwoch sind insgesamt 78 Objekte am Niederrhein und im Ruhrgebiet von mehr als 600 Zoll-Mitarbeitern und 140 Steuerfahndern durchsucht worden. Es sei Vermögen „in erheblicher Höhe“ beschlagnahmt worden.

Konkret bestehe der Verdacht, dass seit 2014 mindestens sechs „Servicefirmen“ sogenannte „Abdeckrechnungen“ mit einem Volumen von mehr als 25 Millionen Euro verkauft haben. Nach derzeitigen Schätzungen könne der steuerliche Schaden bei über 4,5 Millionen Euro und der sozialversicherungsrechtliche Schaden (Schwarzarbeit) bei 7,5 Millionen Euro liegen, heißt es in der Mitteilung des Zolls weiter.

Die Ermittlungen konzentrieren sich demnach auf die Gebiete Niederrhein und Ruhrgebiet. Das „umfangreiche Ermittlungsverfahren“ führen Staatsanwaltschaft Düsseldorf, die Sonderkommission „Limes“ beim Hauptzollamt in Krefeld und die Düsseldorfer Steuerfahndung gemeinsam.

Nach Angaben des Zolls könnte es um einen Kettenbetrug gehen: „Dabei verkaufen sogenannte Servicefirmen Rechnungen, denen keine Leistung zu Grunde liegt beziehungsweise lag“, heißt es in der Mitteilung weiter. Das Ziel sei Schwarzarbeit: „Die Rechnungsbeträge werden als Kosten verbucht. Hierdurch werden finanzielle Mittel generiert, die es ermöglichen, ,Schwarzarbeiter’ zu beschäftigen.“ Dabei würden oft mehrere Unternehmen beteiligt, um zu verschleiern. „Die in den Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer wird zu Unrecht als Vorsteuer geltend gemacht. Die Schäden liegen oft im Millionenbereich“, heißt es in der Mitteilung.

Die Auswertung der „zahlreich sichergestellten“ Beweismittel „in Datei- und Papierform“ dauert laut Angaben des Zolls an, sie werde wohl noch mehrere Monate in Anspruch nehmen. pasch/tkl

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