Frostschutz und Energie sparen: Tierische Tricks für den Winter

Hamburg (dpa/tmn) - Insekten setzen auf körpereigenes Frostschutzmittel, Enten auf Wärmetausch, und Rehe schalten in den Energiesparmodus: Tiere haben allerlei Tricks, um möglichst gut durch den Winter zu kommen.

Ganz alleine schaffen sie es manchmal aber nicht.

Ein kurzer Rasen, ordentlich geschnittene Hecken, alles ist aufgeräumt. Nirgendwo liegt auch nur ein Blatt Laub herum. Menschen mögen das schön finden, für Tiere ist so ein Garten im Winter nutzlos. „Für sie ist es am besten, wenn der Gartenbesitzer der Natur ihren Lauf lässt“, erklärt die Biologin Prof. Kathrin H. Dausmann von der Hamburger Universität. In einem leicht verwilderten Garten mit Laub, altem Holz und am besten noch einem Schuppen finden Igel, Frosch und Fledermaus gut einen Platz, um den Winter zu überstehen.

Die heimischen Tiere haben verschiedene Möglichkeiten entwickelt, um der Kälte zu trotzen. Einige Vögel verabschieden sich in den Süden, die Taktiken der weniger reiselustigen Tiere lassen sich grob in Winterschlaf, Winterruhe und wach bleiben unterteilen. Viele von ihnen haben weitere Tricks, zum Beispiel Insekten. „Sie bilden eine Art Frostschutzmittel im Körper“, sagt Julian Heiermann vom Naturschutzbund Nabu in Berlin. Denn der sichere Tod wäre für sie, wenn Eiskristalle ihr Gewebe zerstörten.

Dieses Frostschutzmittel besteht aus Molekülen, die sich außerhalb der Körperzellen einlagern. Sie binden die Wasserstoffe an sich, das hat den gleichen Effekt wie Salz: Das Wasser gefriert nicht bei null Grad. So können die Tiere zum Beispiel in Rollladenkästen, im Boden oder unter einer Baumrinde auch eisige Winter überstehen. „Deshalb gibt es auch nach einem kalten Winter nicht weniger Insekten“, erklärt Heiermann.

Auf einen möglichst wärmenden Platz sind alle Winterschläfer angewiesen. „Die wirken wie tot“, beschreibt Michael Schales vom Wildpark im hessischen Weilburg ihren Zustand. Sie atmen kaum noch, das Herz schlägt in großen Abständen, die Tiere fühlen sich kalt an. Eigentlich müssten sie verhungern und erfrieren, bei einem spontanen Kälteeinbruch vor ihrer Schlafenszeit würden sie das auch. Der Winterschlaf muss von den Überlebenskünstlern sorgfältig vorbereitet werden. Dazu gehören eine dicke Fettschicht, die sie sich bis zum Herbst anfuttern, und ein geeigneter Schlafplatz. Manche Tiere kuscheln sich auch eng aneinander.

Ein besonderer Gentleman ist das Murmeltiermännchen. Murmeltiere leben in Familien zusammen. Im Frühling wacht zuerst das Männchen auf, heizt seinen Körper auf und wärmt damit die anderen. Das Aufwachen ist für sie dann deutlich einfacher. „Weil Murmeltiere monogam leben, hat das Männchen natürlich ein Interesse daran, Weibchen und Jungtiere gut durch den Winter zu bekommen“, erklärt Prof. Dausmann.

Weltmeister im Winterschlaf sind die Siebenschläfer. Wenn der Sommer schlecht ist, fressen sie nur ein bisschen und legen sich dann wieder hin. Erst im Herbst wachen sie wieder auf - um schon nach wenigen Wochen erneut einzuschlummern. Ihr Winterschlafrekord liegt laut Dausmann bei 18 Monaten, in dieser Zeit waren die Tiere maximal vier Wochen am Stück normal wach. Diese Taktik lohnt sich: Ein Siebenschläfer kann bis zu zehn Jahre alt werden.

Rotwild kommt mit Hilfe einer Speckschicht sowie eines dicken und dichten Fells durch den Winter. Unter den Haaren bildet sich noch ein Luftpolster, so kommen sie auch noch mit Temperaturen von minus 20 Grad zurecht. Um Energie zu sparen, treten sie im Schnee mit den Hinterhufen in die Spuren der Vorderhufe, außerdem können sie ihren Körper auf einen Energiesparmodus umstellen. Sie verkleinern ihre Verdauungsorgane, der Stoffwechsel fährt herunter, sie bewegen sich kaum noch. Spaziergänger sollten solche Tiere, die unbeweglich dastehen, in Ruhe lassen. Ansonsten muss das Tier mühsam auf Betrieb umschalten. Das kostet es viel Kraft und Energie.

Federwild wie Enten oder Schwäne setzen auf ihr gut isoliertes Federkleid und auch auf das Prinzip Wärmetausch. Ansonsten würden sie über ihre nackten Füße viel Wärme verlieren. Der Trick: Von den Füßen fließt kaltes Blut nach oben, von dort aus kommt etwa 40 Grad warmes Blut zu den Füßen. Die entgegengesetzten Ströme machen das kalte Blut wärmer und umgekehrt. „So frieren sie auf dem Eis nicht fest und es schmilzt nicht unter ihnen weg“, erklärt Schales vom Weilburger Wildpark.

Räumen Gartenbesitzer auf, machen sie das möglichst im Herbst oder im Frühling. Im Winter sollte alles so bleiben, wie es ist. Ansonsten könnten die Folgen für Tiere, die dort überwintern, fatal sein. Julian Heiermann vom Nabu rät generell nicht nur vom übertriebenen Aufräumen, sondern ebenfalls von Laubsaugern ab - denn diese saugen und häckseln auch Tiere.

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