Bienen vorm Balkon: Imker in der Stadt

Berlin (dpa/tmn) - Honigbienen schwärmen nicht nur im Wald aus, sondern auch in der Stadt. Ein Bienenkasten auf dem Balkon ist keine Seltenheit. Stadtimker können nicht viel falsch machen: Die Tiere finden im Großstadttrubel genug Nahrung und brauchen wenig Pflege.

Ob auf der Dachterrasse oder im Kleingarten - auch in der Stadt wird fleißig geimkert. Für Bienen sind die urbanen Gefilde schließlich keineswegs nur graue Betonwüste. Ganz im Gegenteil: Sie finden nach Imkerangaben in den Städten sogar hervorragende Bedingungen vor, und auch der Honig ist so gut wie der vom Land.

„Die Flora ist in den Parks, auf den Friedhöfen, in den Kleingärten oder auf den Balkonen sehr vielfältig“, sagt Peter Hammerer vom Bienenzuchtverein München. Auf dem Lande sei das häufig anders. „Ein Rapsfeld ist zwar sehr gut für die Bienen, aber wenn der Raps nach vier bis fünf Wochen abgeblüht ist, bleibt nichts, was die Bienen anfliegen können.“

In der Stadt ist daher oft nicht nur der Honigertrag höher. Auch die Temperatur kommt den Bienen entgegen: „Sie sind wärmeliebende Tiere, und in der Stadt ist das Klima etwa zwei Grad wärmer“, erläutert der Autor und Imker Marc-Wilhelm Kohfink aus Berlin. „Wenn die Bienen im Frühjahr in Berlin schon unterwegs sind, reiben sie sich in Brandenburg noch die Augen“, fügt er augenzwinkernd hinzu.

Imker kann im Grunde jeder werden. „Auflagen gibt es so gut wie gar nicht“, sagt Thomas Rikkers vom Imkerverband Hamburg. „Die Bienen müssen lediglich bei der Behörde gemeldet werden.“ Das sei notwendig, da im Fall von Seuchen und Krankheiten Sperrgebiete eingerichtet werden. „Außerdem ist es empfehlenswert, einen Imker-Grundkurs zu besuchen, um die nötigen Grundkenntnisse zu erwerben, wie Bienen ideal zu halten sind.“

Ein Vorteil für stressgeplagte Städter: „Die Bienen brauchen natürlich etwas Pflege, doch man muss sich um sie nicht sehr intensiv kümmern“, erklärt Kohfink. „Sie fliegen schließlich allein rein und raus.“ Es gibt auch Systeme zur Bienenhaltung, die den Aufwand minimieren. Die Anschaffungskosten für die Grundausstattung mit Bienenvolk, Kästen, Zubehör und Imkerkleidung sind nicht sehr hoch und liegen etwa bei 300 Euro.

Die außergewöhnlichen Standorte auf dem Dach oder dem Balkon sind nach wie vor eher die Ausnahme. „Die meisten Imker halten ihre Bienenvölker im Garten“, sagt der Autor. Wer keinen eigenen Garten habe, könne sich aber erkundigen und etwa in Schulgärten, auf Friedhöfen oder in einer Kleingartenkolonie einen Standort finden. „Es ist also kein Hindernis, wenn man in einer Etagenwohnung lebt.“

Die Umweltbelastung in der Stadt durch Abgase, Industrie oder Feinstaub schlägt sich laut Hammerer nicht in der Qualität des Honigs nieder. Dazu seien auch bereits Untersuchungen durchgeführt worden, die das bestätigten. „Die Bienen holen sich den Tropfen Nektar, der frisch ausgetreten ist“, erklärt der Imker. „Bevor er belastet ist, wird es bereits abgesaugt.“

Da die Menschen in der Stadt enger zusammen leben, sollte man bei der urbanen Bienenhaltung allerdings Rücksicht auf die Nachbarschaft nehmen. „Man sollte nicht einfach fünf Völker aufstellen, die dann dem Nachbarn über den Kaffeetisch fliegen“, erklärt Hammerer. Vielmehr sollten die Bienen dort aufgestellt werden, wo sie nicht stören und die Anzahl der Bienenvölker der zur Verfügung stehenden Fläche anpassen.

Zwar gibt es laut Rikkers nur wenige Meldungen pro Jahr, dass ein Imker Probleme mit den Nachbarn bekommt. Am besten ist es jedoch, ihnen solch ein Vorhaben am besten schon mitzuteilen, bevor man sich die Bienen anschafft. „Wenn man die Nachbarn im Vorfeld informiert und später dann auch mal dazu holt, dann sind sie in der Regel beruhigt“, sagt der Imker. „Hilfreich kann darüber hinaus natürlich auch das geschenkte Glas Honig sein.“

Literatur:

Kohfink, Marc-Wilhelm: Bienen halten in der Stadt, Ulmer Verlag, 24,90 Euro, ISBN-13 978-3800167128.

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