Ratgeber: Kompass durch den Bio-Dschungel

Öko-Lebensmittel boomen. Aber qualitative Unterschiede gibt es auch hier. Sicher ist: Wer aus der Region kauft, liegt gut.

Anfang der 1970er Jahre öffneten die ersten Bioläden. Wer dort kaufte, galt als Öko, Vegetarier oder Esoteriker. Seit den 1990ern haben Lebensmittelskandale - von Gammelfleisch bis zu gepanschtem Wein - das Vertrauen in konventionelle Nahrungsmittel nachhaltig erschüttert und die Verbraucher in die Arme der Biobauern getrieben. Bio boomt. Selbst Discounter wie Aldi, Lidl oder Penny füllen Regalmeter mit Ökoprodukten - die meisten führen mittlerweile sogar ihre eigenen Marken wie BioBio (Plus) oder Bio Wertkost (Edeka).<p>Mit der Massenproduktion drängen sich neue Fragen auf: Wie ist es um die Qualität der Billig-Bioware bestellt? Wo kommt sie her? Wie steht es um ihre Ökobilanz, wenn sie weit gereist ist? Was ist wirklich Bio?

Die Oecotrophologin Astrid Schobert ist nach dem Motto "Augen auf beim Biokauf" diesen und anderen Fragen nachgegangen und hat einen lesenswerten Reiseführer durch den BioDschungel verfasst. Die Ernährungsjournalistin hinterfragt die Qualität ökologischer Produkte und behält dabei globale Zusammenhänge und Auswirkungen im Blick: vom Schwein bis zum Kaninchen, vom Apfel bis zum Honig, vom Obstsaft bis zum Bier. Denn längst ist eine Zweiklassen-Qualität entstanden: Bio ist nicht gleich Bio.

"Den Grundgedanken eines ökologischen Kreislaufs inmitten einer intakten Natur verfolgen heute noch die Anbauverbände mit ihren strengen Vorschriften", so Astrid Schobert. Die EU- Öko-Verordnung dagegen betreibe mit sehr durchlässigen Vorschriften nur Schadensbegrenzung und erlaube eine Verwässerung der Bioproduktion. So sei ab 2009 sogar Gentechnik in geringer Menge erlaubt.

Also nur, wer zu Waren mit den Siegeln von Anbauverbänden wie Demeter oder Bioland greift, kann sicher sein, auch 100Prozent Bio zu bekommen. Das staatliche deutsche Biosiegel orientiert sich an der EU-Verordnung, nach der die Zutaten eines Produkts nur zu 95 Prozent aus ökologischem Landbau stammen müssen. Wichtig also, die unterschiedlichen Siegel zu kennen. Kennzeichnungen wie "aus kontrollierter Aufzucht" oder "aus integriertem Anbau" sind eine Falle: Diese Bezeichnungen sind weder definiert noch geschützt.

Eine Öko-Mogelpackung sind auch Produkte, die energieaufwendig verpackt oder weit geflogen sind: "Bis ein Apfel aus Chile auf unserem Teller liegt, verbraucht er die 520-fache Energie eines Apfels vom Bodensee", weiß die Autorin.

"Was ist Bio und was nicht?" ist ein informatives Sachbuch und kluger Ratgeber mit herausnehmbarem Mini-Einkaufsführer für die moderne Biowelt. Eines aber gilt in den 1970ern wie 2008: Wer aus der Region und nach der Saison kauft, liegt richtig. Astrid Schobert: Was ist Bio und was nicht? Knaur, 12,95 Euro

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