Licht-Doping für Frühkartoffeln

Bauern wie Rudolf Platen bringen derzeit ihre Saatknollen „in Stimmung“, um die Frühkartoffeln möglichst zeitgleich mit dem Spargel ernten zu können.

Tönisvorst. Sie sind jetzt schon deutlich zu erkennen: Winzig kleine, lilafarbene Triebe brechen aus der graugrünen Schale der Saatkartoffeln hervor. "Normalerweise bildet die Kartoffel diese Keime erst im Boden", erklärt der Tönisvorster Landwirt Rudolf Platen (37) zufrieden. Die Keime sind das erfolgreiche Ergebnis des Licht- und Wärme-Dopings, mit dem Platen derzeit seine Saatkartoffeln für die Aussaat "in Stimmung" bringt.

Ziel der arbeitsaufwändigen Prozedur: Durch das sogenannte Vorkeimen der Saatkartoffeln können die später daraus entstehenden neuen Knollen früher geerntet werden. "Ein Zeitgewinn von bis zu zwei Wochen ist so möglich", sagt Platen. Für ihn und viele seiner Kollegen ist das ein durchaus lukratives Ziel: denn je früher die Ernte, desto höher die erzielbaren Preise.

Das sogenannte Vorkeimen ist eine alte Tradition in der Landwirtschaft. "Früher gab es auf vielen Höfen sogar eigens dafür gemauerte Vorkeim-Häuser", sagt Platen. Auf seinem Hof in Tönisvorst nutzt er für das Vorkeimen allerdings moderne Technik: In einer Stahlträgerkonstruktion, umhüllt von lichtdurchlässiger Folie und mit Warmluftgebläsen und Luftbefeuchtern unter der Kuppel, lagern in unzähligen flachen, weißen Kisten insgesamt rund 190.000 Saatknollen.

Die Kisten mit jeweils zehn bis zwölf Kilo Kartoffeln werden regelmäßig umgeschichtet und gedreht, damit die Kartoffeln genügend Tageslicht erhalten. Die Warmluftgebläse sorgen dafür, dass die Temperatur in der Trägerhalle auch nachts nicht unter den Gefrierpunkt sinkt, und die Luftbefeuchter stellen eine dauernde Luftfeuchtigkeit von 90 Prozent sicher.

"Aus jeder einzelnen dieser 190.000 Saatknollen werden sich bis zur Ernte zwischen zwölf bis 14 neue Knollen entwickeln", sagt Platen. "Das entspricht dann, großzügig gerechnet, etwa dem Kartoffel-Jahresverbrauch von 400 vierköpfigen Familien."

Doch vor der Ernte steht naturgemäß die Aussaat. Die erfolgt, so Platen, "Anfang, Mitte März - wenn der Boden richtig ist." Wann der Boden "richtig" ist, entscheidet er "nach Gefühl" - und einer Spatenprobe: "Wenn sich beim Herausziehen die Erde am Spatenblatt rollt, kann’s losgehen."

Innerhalb von zwei, maximal drei Tagen sind die 190.000 vorgekeimten Saatkartoffeln dann im kurz zuvor umgepflügten Boden - jede einzelne sorgsam von Hand eingesetzt . "Das erledigen wir mit einem Pflanzer", sagt Platen - ein spezieller Traktor-Anhänger, auf dem vier Pflanzer bäuchlings liegen und während der Fahrt die Saatkartoffeln in den zu Dämmen aufgetürmten Ackerboden setzen.

Zwischen 90 und 110 Tage dauert es dann, bis die Mutterknolle ausgetrieben und neue Knollen gebildet hat. "Ende Juni, Anfang Juli wird dann geerntet - bei vorgekeimten Saatknollen entsprechend 14 Tage früher", sagt Platen.

Idealerweise fällt diese frühere Ernte noch in die Zeit der Spargelernte (Ende April bis Ende Juni). Platen: "Spargel und frisch geerntete Frühkartoffeln passen einfach wunderbar zusammen." Doch auch ohne Spargel sind die frühen Knollen eine Köstlichkeit: Die noch dünne Haut der frisch geernteten Kartoffeln wird nicht abgeschält, sondern nur kräftig gewaschen. Anschließend kommen die kleinen Knollen sofort in die Bratpfanne, in der sie in heißer Butter geschwenkt werden.

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