Krebs: Ist die HPV-Impfung gefährlich?

Zwei Todesfälle haben die Vorsorge in die Kritik gebracht. Beweise für einen Zusammenhang gibt es aber nicht.

Düsseldorf. Für die Eltern ist die Welt untergegangen. Ihre Tochter ist tot, gestorben ohne Vorwarnung, ohne Krankheit oder Unfall. Die Österreicherin Jasmin Soriat ist 19, als sie im Herbst 2007 geimpft wird. Die erste Teil-impfung gegen Humane Papillomaviren (HPV), die Gebärmutterhalskrebs auslösen können. Ein gesundes, lebenslustiges Mädchen, topfit, sagt der Vater. Doch drei Wochen später ist Jasmin tot. Der Vater ist überzeugt, dass keine andere Ursache als die Impfung in Frage kommt.

Zuvor gab es auch in Deutschland einen ähnlichen Fall: Ein Mädchen, 17 Jahre alt, starb im Sommer 2007 einen Tag nach der zweiten HPV-Impfung. Auch hier ist die Todesursache unklar. Viele Eltern sind nun verunsichert: Sollen sie ihre Töchter impfen lassen, wie es viele Frauenärzte empfehlen?

2007 hatte die Ständige Impfkommission (Stiko) des Robert-Koch-Institutes die Impfung für Mädchen von 12 bis 17 Jahren in ihre Empfehlungen aufgenommen. Die Impfung wurde als "Wunderwaffe" gepriesen und stark beworben. "Aufgrund des großen öffentlichen Interesses" veröffentlichte die Stiko ihren Beschluss "ausnahmsweise vorab", mehrere Monate vor der regulären Impfkalender-Aktualisierung im Juli. Seit der jüngsten Gesundheitsreform müssen die Krankenkassen alle Impfungen bezahlen, die das RKI empfiehlt.

Doch nun werden Zweifel am Sinn dieser Impfung laut. Als der erste von mittlerweile zwei Impfstoffen auf den Markt kam, seien entscheidende Untersuchungen zur Wirksamkeit noch nicht abgeschlossen gewesen, die Zulassung sei auf schmaler Wissensbasis erfolgt, kritisiert etwa Wolfgang Becker-Brüser, Chefredakteur des renommierten und unabhängigen "arznei-telegramms".

Zudem ist die HPV-Impfung teuer: Nötig sind drei Impfdosen, die zusammen 465 Euro kosten. Und: Sie ersetzt nicht die bisher übliche Früherkennung: Ein Abstrich beim Frauenarzt (Pap-Test) deckt die Erkrankung zuverlässig auf. Die Impfung schützt nur gegen einen Teil der verschiedenen HPV-Virenarten. Laut Becker-Brüser könnte die Zahl der Erkrankungen schon damit deutlich gesenkt werden, wenn mehr Frauen zur Früherkennung gingen.

Das Robert-Koch-Institut, zuständig für die Impfempfehlungen, und das Paul-Ehrlich-Institut, zuständig für die Sicherheit der Impfstoffe, weisen diese Kritik zurück: "Nach allen bisherigen Untersuchungen gibt es keine Anhaltspunkte für einen Zusammenhang zwischen den tragischen Todesfällen und den Impfungen", sagt Susanne Stöcker, Sprecherin des Paul-Ehrlich-Institutes. Auch nach weiteren, zusätzlichen Untersuchungen sei die Todesursache unklar. Auch die Europäische Arzneimittelagentur EMEA als oberste Instanz sieht keinen Grund, die Impfung auszusetzen. "Wir können versichern, dass der Impfstoff nicht unter Zeitdruck zugelassen wurde", so Stöcker. "Es sind umfangreiche Studien gemacht worden, und es gab ein ganz normales, nicht beschleunigtes Zulassungsverfahren." Der Nutzen der Impfung überwiege nach wie vor die Risiken.

Ungeklärte Todesfälle: Es hat etwa im Jahr 2006 in Deutschland in der Altersgruppe der 15- bis unter 20-Jährigen 58 Todesfälle mit unklarer Ursache gegeben. Darunter waren 22 Mädchen. Zudem seien laut Professor Johannes Löwer, Präsident des Paul-Ehrlich-Institutes, die bislang gemeldeten möglichen Nebenwirkungen im Verhältnis zur Menge der Impfungen gering: Seit der Markteinführung bis Ende September 2007 waren es 86 Verdachtsfälle, bei 2,2 Millionen verkauften Impfdosen seit Oktober 2006 sei aber davon auszugehen, dass mindestens 700000 Menschen in Deutschland und Österreich geimpft wurden

Krebsfälle: Pro Jahr erkranken in Deutschland rund 6500 Frauen an Gebärmutterhalskrebs, das entspricht einem Anteil von 3,2 Prozent an allen Krebserkrankungen. 1660 Frauen starben 2004 an dieser besonderen Krebsart (1,8 Prozent aller Krebssterbefälle).

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort