Influenza: Schweinegrippe – nichts als Panik?

Vor wenigen Monaten grassierte nicht nur das Virus, sondern auch die Angst. Die befürchtete Epidemie blieb aus.

Berlin. Noch vor einigen Monaten überschlugen sich die Meldungen über die Todesopfer der Schweinegrippe und eine gefährliche Epidemie. In Arztpraxen standen Menschen Schlange, um sich gegen den Erreger impfen zu lassen.

Mittlerweile jedoch scheint die Schweinegrippe-Saison nahezu abgeklungen. Die Arbeitsgemeinschaft Influenza des Robert Koch-Instituts (RKI) in Berlin registrierte in ihrem aktuellen Wochenbericht bundesweit nur 43 neue Fälle der Neuen Influenza. Im November waren allein in einer Woche über 45000Neuinfektionen gemeldet worden.

Von einer Entwarnung will das RKI dennoch nicht sprechen. "Die weitere Entwicklung der Grippeaktivität kann nicht vorausgesehen werden", erklärte Sprecherin Susanne Glasmacher. "Frühere Influenzapandemien traten oft in mehreren Wellen auf."

Bislang wurden dem RKI rund 226 000 Schweinegrippe-Fälle gemeldet. Darunter waren 243 Todesfälle. Im Gegensatz zur normalen Grippe waren die meisten der Opfer (79 Prozent) jünger als 60 Jahre. Die deutliche Mehrheit, über 80 Prozent, hatte Vorerkrankungen.

Zum Vergleich: Im Vorjahreszeitraum mussten wegen einer starken Grippe allein rund 18700 Menschen ins Krankenhaus. Wie viele genau an Grippe erkrankten, wurde nicht erfasst. Registriert wurde jedoch, dass etwa 4,2 Millionen Erwachsene und Kinder mehr als sonst üblich zu einem Arzt gingen. Auch die Todeszahlen sind wesentlich höher, allerdings beruhen sie auf Schätzungen, und sie schwanken stark: 0 bis 80 Grippetote wurden laut RKI im Jahr 2000/2001 geschätzt, 12 000 bis 15 000 im Winter 2004/2005.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat in 213Ländern 16455 Todesfälle registriert. Das Virus zirkuliere auf niedrigem Niveau noch insbesondere in Teilen Südostasiens sowie Ost- und Südosteuropas. Sie hatte im Juni die höchste Pandemie-Alarmstufe 6 ausgerufen. Diese sagt jedoch nichts über die Gefährlichkeit der Viren aus, sondern nur über die Verbreitung.

Den Vorwurf, die Gefahr der Schweingrippe zugunsten von Pharmafirmen hochgespielt zu haben, weist die WHO zurück. "Wir wurden nicht von der Pharmaindustrie unter Druck gesetzt", sagt der stellvertretende Generaldirektor der UN-Sonderorganisation, Keiji Fukada.

Von "Panikmache" will auch das RKI nichts hören. Das RKI habe sachlich über das Geschehen informiert, sagte Sprecherin Glasmacher. "Es ist wichtig, die Unterschiede zu einer saisonalen Influenza zu sehen."

Denn bei der jährlichen Grippewelle kenne man die zirkulierenden Viren gut, der Impfstoff werde jährlich angepasst und stehe rechtzeitig vor Beginn der Welle zur Verfügung. "Nun handelt es sich um ein neues Influenzavirus, dessen weitere Entwicklung noch nicht absehbar ist", sagte Glasmacher.

Zu Beginn der Welle habe daher kein Impfstoff zur Verfügung gestanden. Außerdem seien anders als bei einer saisonalen Welle schwere Verläufe und Todesfälle vor allem bei jüngeren Menschen aufgetreten. Hinzu komme, dass in der Bevölkerung keine oder nur eine beschränkte Immunität existiere.

Bei der saisonalen Grippe hingegen gebe es in der Bevölkerung einen gewissen Immunschutz, da in den Jahren zuvor ähnliche Viren zirkuliert seien. Als abzusehen war, dass die Schweinegrippe-Saison milder als erwartet verlief, verzichteten viele Menschen auf Immunisierung. (siehe Info-Kasten).

Noch hat sich das Virus nicht ganz verzogen. Noch ist es insbesondere in Griechenland aktiv. Nach Ansicht von Experten wie Prof. Alexander Kekulé von der Uni Halle-Wittenberg kann das Virus im Herbst nochmal aufflackern, bleibe voraussichtlich jedoch ungefährlich.

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