Zwischen roten Kügelchen - Hydrokultur hat viele Vorteile

Frankfurt/Main (dpa/tmn) - Das ist so 90er: Hydrokultur war damals sehr beliebt. Man setzte Pflanzen in ein rotbraunes Substrat statt in Blumenerde. Doch: „Das Konsumverhalten hat sich geändert“, erklärt Stefan Hecktor von der Deutschen Gesellschaft für Hydrokultur.

„Für viele Menschen sind Pflanzen preiswerte Dekoartikel, die man nach einigen Wochen austauscht.“ Hydrokultur ist aber auf Langlebigkeit angelegt. Da das Substrat wenig wiegt, lassen sich auch große Pflanzgefäße damit noch gut bewegen. „Probleme wie Staunässe oder Pilzkrankheiten gibt es bei der Hydrokultur nicht“, erklärt der Buchautor Folko Kullmann aus Stuttgart. Schimmel und erdbewohnende Schädlinge haben keine Chance. „Deshalb ist das System auch für Allergiker geeignet und wird oft in Krankenhäusern verwendet“, ergänzt Stefan Hecktor.

Hydrokultur-Systeme werden von verschiedenen Anbietern vertrieben. „Immer bestehen sie aus einem wasserdichten Pflanzgefäß, einem Wasserstandsanzeiger und einem Substrat aus Blähton“, erklärt Leo Thissen vom Fachverband Raumbegrünung und Hydrokultur. Herkömmliche Töpfe kommen auch infrage, solange sie wasserdicht sind.

Die Tonkügelchen sind ein Naturprodukt, das bei etwa 1250 Grad in einem Trommelofen gebrannt wird. Dabei bläht sich der Ton auf. „Das ist an den vielen Poren im Inneren zu erkennen“, erklärt Thissen. Das Material kann keine Feuchtigkeit aufnehmen. „Wasser wird über die Außenhaut von Korn zu Korn in den oberen Bereich des Pflanzgefäßes transportiert.“

Der Vorteil liegt auf der Hand: „Hydrokultur ist praktisch, weil man wenig gießen muss. Auch wer nicht so viel Zeit hat, kann so Zimmerpflanzen haben“, sagt Kullmann. Aber ganz ohne Pflege geht es nicht. Ein- bis zweimal pro Woche müssen Wasserstand und Gefäß überprüft werden.

„Die Skala des Wasserstandanzeigers ist in Minimum, Optimum und Maximum unterteilt“, erklärt Thissen. Verreisen die Bewohner, sollten sie bis zum Stand Maximum gießen. Auf die Weise lässt sich ein Zeitraum von drei Wochen in der Regel problemlos überbrücken. Sonst sollten Hobbygärtner nur bis zur Marke Optimum gießen. Erreicht der Wasserstand die Niedrigmarke, wird nicht direkt Nachschub gegeben. Bei Pflanzen an sonnigen Standorten, wird zwei Tage pausiert. „Bei Gefäßen, die eher schattig stehen, sollte man sogar vier bis fünf Tage warten“, rät Stefan Hecktor.

Das Substrat enthält keine Nährstoffe, deshalb muss gedüngt werden. Sogenannte Ionenaustauschdünger funktionieren sehr gut, aber nur in mittelhartem bis hartem Wasser, sagt Thissen. Der körnige Dünger enthält ein Harz, dessen Ionen auf das im Wasser gelöste Calcium und Magnesium reagieren.

Das Substrat verändert über Jahre seine Struktur nicht. Es muss also nicht ausgetauscht werden. Allerdings sollte der Gärtner umtopfen, wenn der Wurzelballen zu groß wird. Manchmal werden die Kügelchen unansehnlich, denn es können sich auf der Oberschicht des Blähtons Salzkristalle bilden. Aber das ist kein Grund zum Umtopfen. „Einfach die Oberfläche etwas aufschütteln und es ist behoben“, rät Thissen.

Hydrokultursysteme sind in der Anschaffung etwa 20 bis 30 Prozent teurer als Pflanzen in herkömmlichen Töpfen.

Literatur:

Folko Kullmann: Soforthelfer Zimmerpflanzen. Die 99 schnellsten Antworten, Kosmos Verlag, Stuttgart 2014, 128 Seiten, 14,99 Euro, ISBN-13: 978-3-440-13610-2

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