Griechen-Weihnacht: Strom umsonst für Arme

Athen (dpa) - Für viele Griechen ist das Weihnachtsfest trostlos: Das Weihnachtsgeld fällt aus, das Auto wird zu teuer. Arme sollen jetzt tageweise kostenlos Strom erhalten - wegen der Umweltverschmutzung, die Notleidende durch Holzfeuer erzeugen.

Gesundheitsminister Adonis Georgiades schlägt Alarm, weil viele Griechen aus purer Not mit Holz heizen und die Luftverschmutzung am vergangenen Wochenende in fast allen Städten des Landes bedrohliche Ausmaße angenommen hat.

Deshalb tritt ab sofort eine neue Verordnung in Kraft: Sobald erhöhte Werte von Staubpartikeln in der Luft gemessen werden, soll der Strom für Arbeitslose und notleidende Familien am betreffenden und dem darauffolgenden Tag kostenlos sein. Die zuständigen Minister hätten die entsprechenden Verordnungen am Wochenende nach den bedrohlichen Entwicklungen unterzeichnet, hieß es.

Im Zentrum Athens und in den nördlichen Vororten wurden alarmierende Werte von über 100 Mikrogramm Staubpartikeln pro Kubikmeter gemessen, wie das Umweltministerium mitteilte. Vielerorts gab es beißenden Geruch, Rauchschwaden lagen über Wohngebieten, Menschen klagten über tränende Augen und Brennen im Hals. Das Phänomen habe „bedrohliche Dimensionen angenommen“, besonders für Kinder und chronisch Kranke, teilte die Ärztekammer in Athen mit.

Die mehrheitlich staatlich kontrollierte Elektrizitätsgesellschaft soll den Strom kostenlos an Menschen abgeben, die arbeitslos sind oder sehr wenig verdienen. Anspruch sollen dem Ministerium zufolge alle Familien mit einem Jahreseinkommen von weniger als 12 000 Euro haben. Mit jedem Kind steige diese Grenze um 3000 Euro, hieß es.

Gerade zu Weihnachten wird das Geld für viele griechische Familien knapp. Immer weniger Unternehmen zahlen nach Angaben der Gewerkschaften Weihnachtsgeld. Schätzungsweise handele es sich um mehr als 6000 Betriebe, die kein Weihnachtsgeld auszahlten oder wo Arbeitnehmer Unterschriften leisten sollten, dass sie welches bar erhalten hätten, ohne dass irgendwelche Gelder geflossen seien.

Anderer Unternehmen böten statt des Weihnachtsgeldes beispielsweise Schuhe, Kleidung oder Benzin an. „Es gab sogar den Fall eines Autohändlers, der mehrere Monate seine Angestellte nicht bezahlt hatte und diesen Weihnachten anbot, die Wagen zu nehmen, die in den Schaufenstern des Händlers ausgestellt sind“, berichtete ein Gewerkschaftssprecher.

Immer weniger Griechen können sich Autos leisten. Vor dem Jahreswechsel bildeten sich am Montag lange Schlangen in den Steuerämtern, weil Griechen die Nummernschilder ihrer Autos zurückgeben wollten, wie das griechische Fernsehen zeigte. Für viele sind die Kfz-Steuern zu hoch. „Wir haben bislang (2013) etwa 70 000 Rückgaben“, sagte der für die Einnahmen zuständige Generalsekretär des Finanzministeriums, Charis Theocharis.

Wegen der harten Sparmaßnahmen des Euro-Krisenlandes sind die Einkommen der Griechen nach Schätzungen der Gewerkschaftsverbände (GSEE-ADEDY) seit 2009 durchschnittlich um fast 40 Prozent gefallen. Nach Schätzungen des Autohandels wurden seit 2009 mehr als eine Million Fahrzeuge abgemeldet. Griechenlands Automarkt liegt am Boden. Von Januar bis Ende November sanken die Neuzulassungen nach Zahlen des Branchenverbandes ACEA um 40 Prozent auf nur noch rund 55 000 Fahrzeuge. Dies war der stärkste Rückgang in der Europäischen Union.

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