Getränkedose steht wieder öfter im Regal

Berlin (dpa) - Umweltkiller oder Retro-Image? An der Getränkedose scheiden sich weiter die Geister. Doch mehr als zehn Jahre nach Einführung des Dosenpfands ist die Büchse anscheinend wieder angesagt.

Bei sportlichen Großereignissen oder Gartenpartys im Sommer sieht man sie vermehrt. Energydrinks, klassische Limonaden oder Bier werden gerne wieder aus der Dose getrunken. Die Büchse aus Aluminium- oder Stahlblech hat zwar immer noch einen schlechten Öko-Ruf. Viele Getränkehersteller haben sie aber als Verpackung neu entdeckt. Die Verbraucher schätzen sie, weil sie leicht zu transportieren und schneller zu kühlen ist. Umweltschützer sehen das gar nicht gern: Laut Studien belastet die Dose immer noch mehr die Umwelt als Mehrwegflaschen aus Glas.

Die Umweltbilanz wird allerdings völlig unterschiedlich bewertet. Auch die Marktzahlen differieren. Dem Umweltbundesamt zufolge erreichte der Dosenkonsum 2009 sogar einen Tiefpunkt. Genaue Zahlen können aber nicht genannt werden. Auch aktuellere Daten liegen nicht vor. Den Experten zufolge schneidet die Öko-Bilanz von Mehrwegbehältern, die mehrfach in den Konsumkreislauf zurückkehren, nach wie vor deutlich besser ab, als die der Dosen. Die Hersteller, die gerne von einer Renaissance der Büchsen sprechen, bezögen Effekte mit ein, die das Bild verzerrten, heißt es. So nähmen sie auch Mehrwegflaschen mit nur geringen Umlaufzahlen als Grundlage für ihre Berechnungen her.

Bei Kaffeespezialitäten oder Energy-Getränken sei die Dose sicher mittlerweile ein „dominierendes Packmittel“, doch mit Blick auf den Gesamtmarkt sei ihr Anteil weiterhin winzig, so das Umweltamt. Auch die Marktforscher von Nielsen sprechen beispielsweise bei Bier zwar von einem langsamen, stetigen Wachstum, dies allerdings auf geringem Niveau und regional sehr unterschiedlich. „Das Image der Getränkedose bei den Verbrauchern steht in einem Spannungsfeld: Von 'Umweltkiller' bis 'cooler Retrotrend'“, betont Nielsen-Getränkeexperte Marcus Strobl. Der Marktanteil von Bier und Biermixgetränken in 0,5 Liter-Dosen legte im zweiten Halbjahr vergangenen Jahres auf 3,1 Prozent zu. Zum Vergleich: Im ersten Halbjahr 2010 waren es noch 2,1 Prozent.

Auch dem Brauerbund zufolge wird wieder etwas mehr Bier in Dosen angeboten. „Die Kurve geht leicht nach oben, aber die Dose hat nicht mehr den Stellenwert wie vor der Einführung des Dosenpfands“, betont Branchensprecher Marc-Oliver Huhnholz. Im Ausland, wo es kein Dosenpfand gebe, werde vielmehr Dosenbier getrunken.

Völlig anders wollen es die Produzenten sehen: Im vergangenen Jahr seien auf dem deutschen Markt 1,105 Milliarden pfandpflichtige Getränkedosen verkauft worden, 19 Prozent mehr als im Vorjahr, gibt der Verband der europäischen Getränkedosenhersteller an. Auch in diesem Jahr werde mit einem zweistelligen Wachstum gerechnet. „Glas ist schwer und zerbrechlich, die Dose einfach praktisch“, erklärt Sprecher Welf Jung. Die Konsumgewohnheiten hätten sich in den vergangenen 20 Jahren stark verändert. Gerade Singles kauften lieber Getränke in kleineren Verpackungen, für sie sei die Dose attraktiv.

Die Pauschalaussage „Mehrweg gut, Dose schlecht“ stimme nicht mehr, sagt Jung. Mehrwegbehälter seien dann besser, wenn sie mehrfach befüllt und nicht so weit transportiert werden. Wenn aber „im Norden Deutschlands das Weizenbier aus München getrunken wird“, gehe die Rechnung nicht mehr auf. Für die Herstellung einer Getränkedose sei mittlerweile viel weniger Material nötig. Eine leere 0,5 Liter-Aludose wiege heute gerade einmal 16 Gramm, eine Bierflasche aus Glas sei dagegen 360 Gramm schwer. Außerdem liege die Recyclingquote von Dosen jetzt bei 96 Prozent.

Im Sommer 2010 hatte der Edeka-Discounter Netto zur Fußball-WM den Vorstoß gemacht und bundesweit Bierdosen für 29 Cent zuzüglich Pfand angeboten. Mittlerweile stehen Dosen auch in vielen anderen Supermarktregalen. Nur die Discounter Lidl und Aldi setzen mehr auf die Einweg-PET-Flaschen. Sie scheuen bislang die Einrichtung von Rücknahmesystemen für die pfandpflichtige Dose.

Die Dose rundet das Getränkeangebot „nach unten ab“, heißt es beim Bundesverband des Lebensmittelhandels. Die zum Metrokonzern gehörende SB-Warenhauskette real hatte die Dose nie komplett verbannt. „Auch in den vergangenen Jahren konnten unsere Kunden auf ein noch relativ großes Angebot an Softdrinks sowie Biere und Energydrinks in der Dose zurückgreifen“, betont Sprecher Markus Jablonski. 2011 sei das Dosensortiment nochmal erweitert worden. Der Getränkeriese Coca Cola führte 2010 die Viertel-Liter-Dose in Deutschland ein. Mittlerweile gibt es vier verschiedene Getränkesorten in dieser Büchsengröße. Drei weitere Varianten sollen in diesem Jahr dazukommen.

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