Wohnen in der Genossenschaft Wenn der Mieter auch Eigentümer ist

Berlin (dpa/tmn) - Vielerorts ist der Mietraum knapp und nicht gerade günstig. Besonders unangenehm wird es für Mieter, wenn es dann auch noch zum Streit mit dem Vermieter kommt. Als Lösung erscheint vielen das Wohnen in der Genossenschaft.

Doch worin unterscheidet sie sich von anderen Mietwohnungen?

„Genossenschaftswohnungen sind zunächst ganz normale Mietwohnungen“, sagt Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund. „Der Unterschied besteht darin, dass der Vermieter kein gewinnorientiertes Unternehmen ist. Die Mieter selbst sind die Eigentümer - in Form einer Genossenschaft.“ Normalerweise wohne man hierbei deshalb preiswerter. Zudem wohnen die Genossen vergleichsweise sicher - denn Genossenschaften machen keinen Eigenbedarf geltend. „Wer sich an die Regeln des Mietvertrages hält, hat praktisch lebenslanges Wohnrecht“, sagt Ropertz.

„Genossenschaftsmitglieder haben ein Mitspracherecht, so dass sich die Genossenschaft an den Interessen der Mitglieder orientiert - und nicht an jenen fremder Kapitalgeber“, erklärt Eric Meyer vom Institut für Genossenschaftswesen der Uni Münster. So bieten viele Genossenschaften auch verschiedene Services an. Laut Meyer können das schnelle Reparaturen sein, aber auch bereitgestellte Gästewohnungen und Gemeinschaftsräume, Betreuungsleistungen für ältere Menschen, ein sehr günstiger Internet- und Fernsehanschlusses, Schuldnerberatungen, Car Sharing, Concierge-Services und vieles mehr.

Aber wie kommen Interessierte an eine Genossenschaftswohnung? „Grundsätzlich ist es notwendig, dass man Mitglied, also Miteigentümer einer Genossenschaft wird“, sagt Meyer. Statt eines Mietvertrages unterschreiben künftige Genossenschaftsmitglieder einen Nutzungsvertrag und zahlen einen oder mehrere Geschäftsanteile. „Diese Anteile werden leider häufig mit der Mietkaution verwechselt, sie sind aber etwas völlig anderes“, so Meyer. Denn mit den Geschäftsanteilen wird der Mieter Miteigentümer aller Wohnungen der Genossenschaft und damit auch indirekt von seiner eigenen Wohnung.

Die Mitgliedschaft kann von den Mitgliedern leicht wieder gelöst werden. „Wer die Wohnung verlässt, erhält das Geld für die eingezahlten Geschäftsanteile zurück“, sagt Meyer. Unter Umständen zahlt die Genossenschaft die Anteile erst nach einer kurzen Wartezeit zurück. Diese Zeit ist in der Satzung der Genossenschaft geregelt.

„Für die Geschäftsanteile zahlen Mitglieder einmalig zwischen 500 und 3000 Euro“, sagt Matthias Zabel vom Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW). Bei neugegründeten Genossenschaften könne der Betrag auch höher ausfallen. Die Beiträge werden verzinst, und den Gewinn zahlen manche Genossenschaften auch wieder an ihre Mitglieder aus. Darüber hinaus gibt es in Deutschland 47 Genossenschaften mit Spareinrichtung, so Zabel. Diese bieten ihren Mitgliedern Sparkonten und Sparbriefe mit günstigen Zinsen an. „Mit dem eingesammelten Geld darf die Genossenschaft nicht spekulieren, sondern es nur zur Gebäude-Pflege, Modernisierung und zum Neubau verwenden“, sagt Zabel.

„Mit der Mitgliedschaft in einer Genossenschaft geht natürlich ein gewisses wirtschaftliches Risiko einher“, sagt Zabel. Das gelte aber bei jeder Unternehmensform, an der man sich beteiligt. „Außerdem haben Genossenschaften die niedrigste Insolvenzquote im Vergleich zu anderen Rechtsformen. Das relativiert das Risiko.“

In Deutschland gibt es fast 2000 Genossenschaften, und insgesamt gehören ihnen rund 2,2 Millionen Wohnungen. Das entspricht laut Zabel knapp einem Zehntel aller deutschen Mietwohnungen. Dabei gibt es ganz unterschiedliche Genossenschaften: „Es gibt kleine, die vom Engagement ihrer Mitglieder geprägt sind, ebenso wie große, die ein breites Wohnungsangebot haben“, sagt Zabel. Ihre Wohnungen vergeben die Genossenschaften stets nach festen Kriterien. Einfacher kommt man an die Wohnungen deshalb aber nicht heran.

„Genossenschaftswohnungen sind begehrt und deshalb gerade in Groß- und Universitätsstädten schwerer anzumieten als eine normale Mietwohnung“, sagt Ropertz. Interessierte landen dann erstmal auf einer Warteliste. Ropertz rät Interessierten deshalb, sich frühzeitig eintragen zu lassen. „Wenn die Größe, Lage, Ausstattung stimmen, spricht nichts gegen eine Genossenschaftswohnung“, sagt Ropertz. „Im Gegenteil: Alles spricht dafür.“

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