Oma sucht Studenten: Zimmer für 100 Euro und Essen

Freiburg (dpa/tmn) - Arbeit gegen Quadratmeter - das ist der Deal. Senioren und Familien vermieten Studenten für wenig Geld ein Zimmer in der Wohnung. Dafür helfen die im Haushalt, bei der Kinderbetreuung und im Garten.

Das klingt gut, passt aber nicht für jeden.

Camilla Bacmeister ist fürs Studium von Kaiserslautern nach Freiburg umgezogen. Doch die Zimmersuche war schwieriger als gedacht: Denn in den meisten Uni-Städten ist bezahlbarer Wohnraum rar. „Aber es gibt viele Senioren, die allein in großen Wohnungen leben und etwas Hilfe oder Gesellschaft gebrauchen können“, sagt Renate Heyberger vom Studentenwerk Freiburg. Und so bezog die Medizinstudentin Bacmeister ein 30 Quadratmeter großes Zimmer in der Wohnung einer 88 Jahre alten Frau - für etwas mehr als 100 Euro im Monat und für ein Mittagessen.

Das Projekt „Wohnen für Hilfe“ des Studentenwerks Freiburg bringt Studenten und allein lebende Senioren zusammen. Rund 250 Wohnpartnerschaften sind es bislang - und die Nachfrage übersteigt das Angebot bei weitem. Zu welchen Konditionen die Studierenden bei den Wohnpartnern unterkommen und was für Hilfe sie dort leisten, wird laut Heyberger individuell vereinbart. Meist ist das etwas Hilfe im Haushalt wie Kochen, Einkaufen, Staubsaugen oder Gartenarbeit. Die Mietkosten für die Unterkunft variieren von der Beteiligung an den Nebenkosten bis zu höheren Kosten.

Camilla Bacmeister beteiligt sich anteilig an den Nebenkosten, kocht fast täglich ein Mittagessen für sich und ihre Vermieterin und hilft im Haushalt. Natürlich reden die beiden auch - für die junge Frau ist das auch ein Anreiz: „Sie hat viel zu erzählen“, sagt Bacmeister über ihre Vermieterin. „Das ist schon eine besondere Erfahrung, auf diese Art zu wohnen.“

Die Mitarbeit der Studenten im Haushalt soll aber nicht ausgebeutet werden. „Wohnen für Hilfe ist auch in erster Linie ein soziales Projekt“, sagt Henning Knapheide vom Bürgerinstitut in Frankfurt. „Wer darin einen Nebenjob sieht oder auf eine preiswerte Hilfskraft hofft, ist fehl am Platze.“

Um Senioren allzu häufige Mieterwechsel zu ersparen, müssen sich die Studenten oder Auszubildenden des Frankfurter Projektes „Wohnen für Hilfe“ verpflichten, mindestens zwei Semester in der ungewöhnlichen Wohngemeinschaft zu bleiben, sagt Henning Knapheide vom Bürgerinstitut Frankfurt am Main. „Das gilt allerdings nicht, wenn sich die Wohnparteien nicht miteinander verstehen.“

In den meisten Städten können auch Familien und Berufstätige Wohnpartner für Studenten werden. „Manche wünschen sich Nachhilfe für ihre Kinder“, berichtet Heyberger. „Auch haben wir alleinstehende Geschäftsfrauen im Projekt, die viel unterwegs sind und beispielsweise ihre Katze während dieser Zeit gut versorgt wissen wollen.“

Wer sich für das Projekt interessiert, muss zunächst im Internet einen Fragebogen mit Angaben zur Person ausfüllen. Danach gibt es immer ein Gespräch zwischen den Parteien und dem Vermittler, erklärt Knapheide.

Verstehen sich Vermieter und Student, wird ein Vertrag geschlossen, in dem Pflichten und Rechte beider Seiten festgehalten werden. In der Regel gilt hierbei: Eine Stunde Arbeit im Monat pro Quadratmeter Wohnfläche. Für die Freiburger Studentin Bacmeister bedeutet das 30 Stunden Hilfe im Monat - rund eine Stunde täglich.

Doch die Mietexperten warnen: Wohnen für Hilfe ist ein Konzept, das nicht zu jedem passt. „Natürlich ist das Leben ein anderes, wenn man bei einem Senioren lebt statt in einer klassischen Studenten-WG“, sagt Heyberger. Partys oder auch nur gemütliches Zusammensein bei Rotwein in der Küche bis in die frühen Morgenstunden finden da wohl eher nicht statt.

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