Mit Infrarot Schlupflöcher für Wärme finden

Potsdam (dpa/tmn) - Die bunten Aufnahmen kennt jeder: Eine Infrarotkamera hält das Haus in bunten Farben fest. Blau bedeutet: Es gibt keine Löcher, durch die im Winter teure Heizenergie ins Freie entweicht.

Sind rote und gelbe Stellen sichtbar, muss nachgerüstet werden.

Infrarotbilder erinnern mit ihren warmen Farben an Wärme und an Sommer. Wo eine herkömmliche Kamera das sichtbare Licht als Grundlage für eine Bildaufnahme nimmt, bedient sich eine Wärmebildkamera der Infrarotstrahlung. Mit dieser für das menschliche Auge unsichtbaren Strahlung lassen sich an Gebäuden Wärmebrücken und Leckagen aufspüren. Warmes wird in den Bildern rot bis gelb angezeigt, kalte Stellen sind im Infrarotbild grün bis blau.

Grundsätzlich bieten sich solche Aufnahmen von Gebäuden immer an kälteren Tagen an, weil sommerliche Temperaturen die Ergebnisse verfälschen. Aber auch im Winter führt starke Sonneneinstrahlung auf die Fassade zu völlig falschen Schlüssen. „Ideal ist ein trüber Tag ohne Sonne, Wind und Regen bis zu einer Außentemperatur von fünf Grad“, sagt Andreas Schmeller, Energieberater bei der Verbraucherzentrale Brandenburg in Potsdam. Diese Temperaturen werden aber auch oft nur in wenigen Stunden am Tag erreicht, am ehesten früh morgens.

Ein Wärmebild deckt Probleme durch undichte Fenster, Heizkörpernischen sowie ungedämmte Rollladenkästen oder einen schlechten energetischen Zustand von Gebäudedächern auf, beschreibt die Verbraucherzentrale das Verfahren. Mit Wärmebildkameras ließen sich Temperaturunterschiede auf Oberflächen feststellen und damit energetische Schwachstellen am Haus aufzeigen und anschließend beseitigen.

Aber nicht nur das: Die Thermographie ermöglicht auch den Blick auf verputztes Fachwerk, verdeckte Hohlräume im Mauerwerk oder die gezielte Suche nach Feuchtigkeitsschäden. Infrarotbilder helfen beim Aufspüren von Leckagen, wenn etwa die Fußbodenheizung Wasser verliert. Sie bilden die Heizschlangen deutlich ab und verraten auch undichte Stellen. Auch verrutschtes oder durchfeuchtetes Dämmmaterial in den Dachschrägen lässt sich mit der Wärmebildkamera lokalisieren.

Die für solche Aufnahmen erforderlichen Kameras sind nicht für jeden Geldbeutel erschwinglich. Die Preise für eine Untersuchung seien regional sehr unterschiedlich, sagt Johannes Deeters, Bausachverständiger des Verbandes Privater Bauherren (VPB) aus Meppen. „Ab 500 Euro aufwärts für Innen- und Außenaufnahmen inklusive Auswertung.“

Deshalb gibt es auch überall Firmen, die solche Messgeräte an Laien vermieten. „Man kann jedem eine Kamera in die Hand drücken, aber ohne vernünftige Auswertung kann man mit den Aufnahmen nichts anfangen“, warnt Deeters. Wer eine Thermographie durchführt, müsse immer eine fundierte Ausbildung haben, etwa als Bautechniker oder Ingenieur.

„Wir nutzen die Thermographie im Zusammenhang mit dem Luftdichtetest hauptsächlich zur Qualitätssicherung“, sagt der Architekt Friedhelm Birth aus Hannover. „Dabei arbeiten wir mit spezialisierten Fachingenieuren zusammen.“ Geprüft werde, ob Neubauten oder modernisierte Häuser die erwarteten energetischen Standards einhalten. Auch Birth, der als Energieberater tätig ist, betont daher: „Entsprechend geschulte Fachleute können bei Bestandsgebäuden viele Wärmebrücken und Schwachstellen schon ohne Thermographieaufnahmen erkennen.“

Fachleute prüfen oft zusammen mit der Thermographie die Luftdichte am Haus - auch Blower-Door-Test genannt. Hier wird Luft in das zu untersuchende Haus gedrückt oder herausgesogen, um undichte Stellen in der Gebäudehülle zu finden.

Größte Skepsis sei auch angesagt, wenn Thermographie von Baumärkten oder Herstellern von Wärmedämmung zu Dumping-Preisen angeboten wird, warnt der VPB. „In der Branche wird viel Schindluder getrieben. Mancher arglose Hausbesitzer wird sogar mit manipulierten Aufnahmen regelrecht über den Tisch gezogen.“ So lasse sich die Farbwiedergabe der Kamera so verstellen, dass die Aufnahmen anders ausfallen. Unseriöse Thermographen kommen ohne Probleme zu den gewünschten roten Bildern, wie der VPB erläutert. Hausbesitzer werden damit oft zu teuren Wärmedämmmaßnahmen überredet, die für das Gebäude gar nicht sinnvoll sind.

„Mit ein paar Fassadenaufnahmen ist es nicht getan“, sagt VPB-Bausachverständiger Deeters. „Zu einer aussagekräftigen Thermographie gehören Außen- und Innenaufnahmen. Erst gemeinsam ergeben sie ein Gesamtbild und legen Mängel offen.“ Ein klassisches Beispiel sei das Dach: Die thermographischen Aufnahmen liefern meist eine durchgehend blaue Fläche. Damit werde suggeriert, dass alles gut gedämmt und in Ordnung sei. Erst der thermographische Blick von innen zeige oft Stellen, an denen Zugluft eindringt oder an denen die Dämmung Schwachstellen hat.

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