Inspektion alle 60 Jahre: Robuste Klinkerfassaden

Hannover (dpa/tmn) - An Klinkerhäusern sieht man die harte Arbeit des Hausbaus: Stein für Stein wächst die Fassade nach oben. Die dünnen Ziegel vor dem eigentlichen Mauerwerk sind robust und halten unter Umständen jahrzehntelang der Witterung stand.

Klinker ist vor allem in Norddeutschland verbreitet. Dort schmückt dieser Ziegel viele Fassaden. „Der Klinker ist ein gutes Material, denn er beinhaltet zwei wesentliche Eigenschaften: Er ist dauerhaft und schön“, erklärt der Architekt Prof. Michael Schumacher, Leiter des Instituts für Entwerfen und Konstruieren an der Leibniz Universität in Hannover.

Klinker sind besonders hart gebrannte und zumeist dunklere Ziegel. Ihr Name leitet sich davon ab, dass beim Zusammenschlagen ein klingender Laut entsteht. Im Klinkerexpressionismus der 1920er Jahre wurden zum Beispiel das hannoversche Anzeigerhochhaus, das Chilehaus in Hamburg oder der Borsigturm in Berlin-Tegel gebaut. Heute werden Gebäude in der Regel mit dünneren Klinkersteinen vor dem eigentlichen Mauerwerk versehen, dem sogenannten Vormauerwerk.

Die zumeist kleinformatigen Quader aus blauem Ton werden wegen ihres höheren Silikatgehaltes bei etwa 1200 Grad gebrannt. Dabei schmilzt der Ton, und durch das Schließen der Poren im Brennofen - die sogenannte Versinterung - nehmen die fertigen Steine weniger Wasser auf. Sie sind daher frostsicher und insgesamt wetterbeständiger. Wird noch eine Luft- oder Dämmschicht zwischen Mauer und Klinker gelegt, kann das einen energieeffizienten Wärmeschutz bieten.

Klinker gibt es in zahlreichen Farbabstufungen: Cremeweiß, Gelb, Sandfarben oder Rot-Blaugeflammt, Kirsch- oder Dunkelrot, Terracotta, Dunkelbraun und Anthrazit sind nur einige der vielfältig changierenden Töne. Die Farbnuancen werden nach Herstellerangaben durch Beimischung natürlicher Zuschläge erreicht.

2010 wurden in Deutschland nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 564 000 Kubikmeter dieser Vormauerziegel produziert, berichtet der Bundesverband Ziegelindustrie in Bonn. Der kleinste, in Deutschland gemäß DIN 1053 genormte Mauerziegel ist 11,5 Zentimeter breit, die als Verblender weit verbreiteten Riemchen sind im Vergleich nur 2,2 Zentimeter stark.

„Die Kosten für den Bauherren sind stark abhängig vom Material, dem Verlegemuster und der Region. Als Anhaltspunkt gilt eine Größenordnung von knapp 100 Euro für einen Quadratmeter Vormauerziegelwerk inklusive Verlegung“, sagt Martin Roth, Sprecher des Bundesverbandes Ziegelindustrie. „Dies ist zwar etwas mehr, als für eine Fassade mit Wärmedämmverbundsystem bezahlt werden muss. Aber schon beim ersten Anstrich kehrt sich dies um.“ Denn ein Klinker muss ja bekanntlich nicht gestrichen werden.

Allerdings haben auch Klinkerfassaden Nachteile: In manchen Fällen bildet sich bei Niederschlägen auf den undurchlässigen Steinen ein Feuchtigkeitsfilm, und das Wasser wird bei porösem Mörtel in die Fugen gedrückt. Dadurch kann das gesamte Mauerwerk Schaden nehmen. „Die Dauerhaftigkeit eines zweischaligen Verblendmauerwerks ist stark abhängig von der Qualität der Fuge“, erläutert Maurergeselle Torsten Schinkel, der als Sachverständiger solche Schäden begutachtet. Mit einer hochwertigen Fugenverarbeitung und guter Nachbehandlung könne Klinker aber mehrere hundert Jahre halten.

Die Mörtelfugen sollten je nach Qualität der Ausführung nach 60 bis 80 Jahren überprüft und gegebenenfalls überarbeitet werden, rät Experte Schinkel. „Zweischaliges Klinkersichtmauerwerk ist eine der momentan wirtschaftlichsten und wartungsärmsten Möglichkeiten der Fassadengestaltung. Es sieht gut aus und muss eben nicht wie andere Konstruktionen alle paar Jahre erneuert werden.“

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