Gezerre um das Arbeitszimmer

Seit Anfang 2007 darf man nicht mehr alles absetzen. Mehrere Lehrer haben nun dagegen geklagt.

Berlin. Es betrifft Architekten und Anwälte, Gewerbetreibende, Lehrer und Außendienstmitarbeiter: Sie alle sind in ihrer Arbeit auf ein häusliches Arbeitszimmer angewiesen. Bis Ende 2006 konnten sie die Kosten dafür ganz oder zum Teil bei der Steuer geltend machen. Seit Anfang 2007 hat der Gesetzgeber einem Steuerabzug Grenzen gesetzt. Jetzt lassen mehrere vor Bundesgerichten anhängige Verfahren hoffen.

Ein Lehrer-Ehepaar aus Varel (Niedersachsen) zum Beispiel wollte sich mit der neuen Regelung nicht abfinden. Nach ihr sind Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer nur noch dann absetzbar, wenn sie den "beruflichen oder betrieblichen Mittelpunkt" der Arbeit darstellen, so steht es im Gesetz. In voller Höhe können also nur noch wenige ihre Kosten absetzen. Und das "beschränkte Absetzen" bis zu einer Grenze von 1250 Euro pro Jahr ist im Rahmen der Neuregelung entfallen - es gilt das Prinzip "Alles oder Nichts".

Die beiden Lehrer nutzen je ein Arbeitszimmer im Haus für die Vor- und Nachbereitung des Unterrichts, und seit 2007 lehnt das Finanzamt Wilhelmshaven die Berücksichtigung der Aufwendungen als Werbungskosten ab. Das Niedersächsische Finanzgericht in Hannover, vor dem das Verfahren landete, gab dem klagenden Ehepaar Anfang Juni Recht (Az.: 7 V 76/09): Die Kosten seien zur Erwerbssicherung unvermeidlich, weil in der Schule für diese Arbeiten keine Arbeitsräume zur Verfügung stünden. Der Bundesfinanzhof in München soll den Fall jetzt abschließend klären.

Dort liegt auch ein Fall, den in der Vorinstanz das Finanzgericht Rheinland-Pfalz zu entscheiden hatte (Az.: 3 K 1132/07). Hier ließen die Richter den Gang zum Finanzhof ebenfalls zu, weil der Sache "grundsätzliche Bedeutung" zugemessen wurde, wie der Bund der Steuerzahler erläutert. Der dritte Fall ist eine Entscheidung des Finanzgerichts Münster (Az.: 1 K 2872/08 E), die jetzt beim Bundesverfassungsgericht liegt.

Denn das Finanzgericht führte laut dem Bundesverband der Lohnsteuerhilfevereine (BDL) aus, dass die aktuelle Regelung auch den Steuerabzug von Kosten ausschließt, wenn für die berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Die Richter müssen nun entscheiden, ob es sich in solchen Fällen um beruflich bedingte, also Werbungskosten handelt (Az.: 2 BvL 13/09). "Das Verfassungsgericht muss klären: Was sind alles Erwerbsaufwendungen?", erklärt Rudolf Gramlich vom Lohn- und Einkommensteuer Hilfe-Ring Deutschland. Sein Verein unterstützt das Lehrerehepaar aus Niedersachsen bei seiner Klage.

Sprechen Fachleute davon, dass die Kosten für das häusliche Arbeitszimmer absetzbar sind, geht es dabei um "typische Raum- und Ausstattungskosten". Dazu zählen "Schreibtisch, anteilige Miet- und Heizkosten und Teile der Müllgebühren", zählt Gramlich auf. Wer im Eigentum wohnt, könne Finanzierungskosten abschreiben.

Ihm zufolge geht es vor Gericht jetzt um die Frage, ob zum Beispiel Lehrer oder andere Berufstätige mit viel Schreibarbeit "quasi zwei Mittelpunkte" in ihrem Arbeitsalltag haben. In allen drei Verfahren haben nach Angaben von Gramlich Lehrer geklagt. Sollte etwa das Bundesverfassungsgericht zugunsten der Steuerzahler entscheiden, müsse der Gesetzgeber die Regelung neu fassen. Laut der Pressestelle des Gerichts ist es allerdings "vorstellbar", dass in diesem Jahr keine Entscheidung mehr fällt.

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