Winzergruppen mischen die Weinbranche auf

Mainz (dpa) - Viele Winzer gelten als Eigenbrötler, die sich hinter ihre Weingutsmauern zurückziehen. Doch in der Branche wird eine Gegenbewegung immer stärker: Junge Winzer schließen sich zu Gruppen zusammen - oft mit Erfolg für Weinqualität und Marketing.

Sie heißen „message in a bottle“, „Moseljünger“ oder „Südpfalz Connexion“ und tun etwas, was in der Winzerbranche eher unüblich ist. Sie öffnen ihre Keller für die Konkurrenz, stellen sich mit ihren Weinen der Kollegenkritik und geben gute Tipps an andere Weingüter weiter. In den vergangenen zehn Jahren hat sich rund ein Dutzend neuer Winzergruppen gegründet, die mehr oder weniger eng zusammenarbeiten - von der Weinproduktion bis zum Verkauf.

Eine der ersten waren die „Fünf Freunde“ aus der Südpfalz, die 2011 ihr 20-jähriges Bestehen feiern. „Wir galten damals als junge Wilde“, sagt Hansjörg Rebholz in Siebeldingen. Inzwischen sind die fünf Winzer eine feste Größe in der deutschen Weinbranche, können mit ihren Weinen internationale Erfolge einfahren. „Das hätte jeder für sich allein nicht geschafft“, ist sich Rebholz sicher.

Die Größe von fünf etwa gleich großen Mitgliedsbetrieben habe sich bewährt, inzwischen mische auch die nächste Generation kräftig mit. In der Gruppe sei entscheidend, dass jeder nicht nur nehme, sondern auch bereit sei, zu geben. Sei es ein wichtiger Ratschlag für die Arbeit im Keller, Hilfe bei einer gemeinsamen Präsentation der Weine oder sogar bei der Kundenkartei. Die „Fünf Freunde“ haben auch dieses Herzstück eines Betriebs geöffnet und alle Kunden gemeinsam zu einem Weinfest eingeladen. „Trotzdem sind wir keine Klone, haben unser eigenständiges Profil behalten“, sagt Rebholz.

Nach seinen Erfahrungen ist die Mentalität von Winzern, sich eher etwas abzuschotten - je nach Anbaugebiet unterschiedlich ausgeprägt. Auch werden laut Rebholz fest etablierte, große Betriebe eher weniger Interesse haben, sich einer Gruppe anzuschließen. „Es ist auch einfacher, etwas in einer Region aufzubauen, die kein Image hat“, sagt er. Zu Gründungszeiten der „Fünf Freunde“ sei die Südpfalz so eine Region gewesen. Inzwischen habe sich das zum Positiven hin gewandelt - auch durch den Erfolg der „Fünf Freunde“.

Arbeiten Winzer in Gruppen zusammen, hat das nach der Einschätzung von Marketingexperten mehrere Effekte. „Dabei ist der nach innen fast der bedeutendere als der nach außen“, sagt Professor Dieter Hoffmann von der Forschungsanstalt Geisenheim im Rheingau. Der Austausch und die gemeinsame Arbeit wirke oft sehr motivierend. Nach außen hin sei der Werbeeffekt natürlich größer. Auch von gemeinsamen Messeauftritten und Reisen profitierten alle. „Einen Marketing-Gag sehe ich bei den meisten Gruppen nicht“, betont Hoffmann. Nach seiner Einschätzung wird die Bereitschaft, sich einer Gruppe anzuschließen, größer, je besser die Ausbildung der Winzer ist.

„Jung und dynamisch“ und „Austausch geht vor Missgunst“ haben sich die 26 Weingüter von „message in a bottle“ in Rheinhessen auf die Fahne geschrieben. Nach den Worten von Winzer Stefan Winter in Dittelsheim ist die Verbindung eher locker. „Wir haben kein gemeinschaftliches Vermarktungskonzept, keinen gemeinsamen Wein.“ Außer mit einem Stand bei der Weinmesse ProWein sei „message in a bottle“ nach außen selten wahrnehmbar. Dennoch: Der gegenseitige Austausch, Kritik oder auch gemeinsames Grillen halten die Gruppe zusammen, wie Winter sagt.

Mit einem Messestand hat es auch bei „jungesschwaben“ vor zehn Jahren angefangen. Mittlerweile gebe es deutlich engere Verbindungen zwischen den fünf württembergischen Winzern, beruflich wie privat, sagt Jochen Beurer aus Kernen-Stetten. Jedes Weingut hat einen „jungesschwaben“-Wein im Angebot, es gibt monatliche Treffen. Und bei der ProWein sind die Schwaben sogar noch einen Schritt weitergegangen und präsentierten sich auf ihrem Stand gemeinsam mit der „Südpfalz Connexion“. Motto: Saumagen trifft Maultasche.

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