Zwischen Naturliebe und Image : Wie gesund sind vegane Lebensmittel?
Bremen (dpa) - Vegan ist mehr als eine Ernährungsweise. Vegan ist eine Lebenseinstellung: bewusster und nachhaltiger konsumieren, sich auch mal in Verzicht üben. Das passt genau in unsere Zeit.
Früher galten Veganer als etwas verschroben, weil sie in der Regel auf alle tierischen Produkte verzichten, darunter auch auf Milchprodukte, Eier, Honig und Leder. Heute sind sie hip. Das ist auch in den Supermärkten angekommen. Überall findet man inzwischen vegane Produkte. Sogar der Wein und die Chips sind vegan. Aber Moment mal: Waren die das nicht schon immer?
Auch der Blick ins Kühlregal hinterlässt so machen Verbraucher ratlos. Dort liegen Schnitzel, Würstchen und Käse, die aussehen als wären sie aus Fleisch und Milch. Doch in Wirklichkeit bestehen sie aus pflanzlichem Ersatz und Aromastoffen. Und ihre Zahl wächst stetig. Vor Jahren gab es vegane Produkte nur in Reformhäusern und Bioläden. Heute findet man diese sogar im Discounter. Auch große Fleischwarenhersteller haben vegane oder vegetarische Alternativen im Sortiment.
1,3 Millionen Menschen leben nach Angaben der Ernährungsorganisation ProVeg in Deutschland vegan. „Es gab in den letzten Jahren einen starken Anstieg“, sagt Wiebke Unger von ProVeg, wie der deutsche Vegetarierbund inzwischen heißt. Doch verglichen mit der Gesamtbevölkerung sind die Veganer noch immer in der Minderheit. „Aus Marketingsicht müsste diese Zielgruppe total irrelevant sein“, meint der Hamburger Markensoziologe Oliver Errichiello.
Schaut man auf Marken wie Wiesenhof und Rügenwalder Mühle, ist jedoch das Gegenteil der Fall. Wiesenhof bietet derzeit fünf vegane Varianten von der Wurst bis zum Schnitzel an und plant künftig noch mehr auf den Markt zu bringen. „Die veganen Produkte sind ein kleiner, aber mittlerweile durchaus wichtiger Bestandteil unseres Portfolios“, sagt Peter Wesjohann, Vorstandsvorsitzender des Wiesenhof Mutterkonzerns PHW aus dem niedersächsischen Visbek. Das mittelständische Familienunternehmen Rügenwalder Mühle aus Bad Zwischenahn hat 21 Fleisch- und Wurstalternativen im Sortiment, darunter sind noch nicht alle vegan, sollen es aber künftig sein. Daran arbeite man mit Hochdruck, heißt es von dem Unternehmen.
Doch wieso kaufen Menschen, die bewusst auf Produkte verzichten, für die Tiere sterben mussten oder gequält wurden, etwas, das Leberwurst oder Frikadelle imitiert? Die Zielgruppe seien in der Regel Flexitarier - also Menschen, die nicht ganz, sondern nur ab und zu auf Fleisch verzichteten, sagt ProVeg-Expertin Unger. Die könnten bei der Grillparty mit Freunden dann einfach ihre Veggie-Wurst auspacken. „Man fällt nicht so aus der Reihe.“ Dadurch gewinne der Fleischverzicht an Normalität und Akzeptanz.