„Batch No. 1“ Whisky von der Waterkant reift hinterm Deich

Heide (dpa) - Vorsichtig zieht Kay Hoffmann den Silikon-Pfropfen heraus. Zisch. Sofort entweicht Druck aus dem Eichenfass, rasch breitet sich markanter Alkoholgeruch aus.

„Batch No. 1“: Whisky von der Waterkant reift hinterm Deich
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Mit einer großen Pipette füllt der Norddeutsche eine Probe ins Glas und kostet. „Oh, ja!“, sagt Hoffmann. „Der ist ungemein frisch.“ Mit dem Tee- und Weinhändler Norbert Hötten will der 46-Jährige 2021 den ersten Küsten-Malt-Whisky aus Dithmarschen auf den Markt bringen.

Bis dahin muss dieser direkt hinter dem Deich an der Nordsee in salzhaltiger Seeluft in Holzfässern lagern. „Erst nach drei Jahren und einem Tag darf er sich Whisky nennen“, sagt Hötten. Gut 1000 Liter lagern seit gut acht Monaten in verschiedenen Holzfässern. Das unterschiedliche Holz entscheidet maßgeblich über den Geschmack des Drinks. „Unser Fassmanagement verraten wir nicht“, sagt Hoffmann.

Der aus Dithmarschen stammende Mann ist hauptberuflich Gastwirt im nordrhein-westfälischen Wuppertal. Auf der Karte seiner Bar stehen 56 deutsche Whiskys. „Ich bin Whisky-Enthusiast seit 20 Jahren“, sagt er. Da lag es nahe, selbst Teil der noch relativ jungen deutschen Whisky-Tradition zu werden. „Irgendwann kam eines zum anderen.“ Hoffmann fand in seiner Heimat mit dem 62 Jahre alten Hötten einen Partner und legte los. „Es war bei uns Liebe auf den ersten Schluck“, sagt Hötten.

Mehrere Jahre vor der Abfüllung sind bereits mehr als 500 Flaschen von „Batch No. 1“ verkauft. Für das Aroma des Küsten-Whiskys machen die beiden Hersteller in spe vollmundige Versprechen. Darin solle sich „der ganze Charakter und das Klima unserer Region widerspiegeln“.

„Wir gehen bei der Produktion den klassischen schottischen Weg“, sagt Hoffmann. Basis des Geschmacks bildeten ehemalige Bourbon-Fässer. „Das bringt eine gewisse Sanftheit in den Whisky hinein und vanillige Noten. Wir wollen keine Torf-Rauch-Granate machen.“ Zum Einsatz kommen nur Eichenfässer, die zuvor unterschiedlich genutzt wurden oder neu sind. Nur Sherry-Fässer nutzen die Dithmarscher nicht: „Das machen schon so viele. Da reihen wir uns nicht ein.“

Insbesondere auf dem Land ist der klassische Korn zum Bier immer noch verbreitet. Die Whisky-Macher von der Nordseeküste folgen aber einem zunehmenden Interesse deutscher Konsumenten an Craft-Spirituosen. Die Geschäftsführerin des Bundesverbandes der Deutschen Spirituosen-Industrie und -Importeure (BSI), Angelika Wiesgen-Pick, beobachtet bereits seit längerem, dass Verbraucher „das Handwerk und den Traditionsgedanken im Zusammenhang mit der Herstellung von Spirituosen“ schätzen. Sie beschäftigten sich mit den Produkten.

Die Norddeutschen verwenden bei der Herstellung ihrer Spirituose Destillat aus drei Brennereien. „Das ist rein deutscher Whisky, kein Destillat kommt aus Schottland“, sagt Hötten. Basis ist immer klassisch Gerstenmalz.

Von dem Standort hinterm Deich mit seinen im Vergleich zu Schottland größeren Temperaturunterschieden zwischen Sommer und Winter versprechen sich die Macher ein höheres Reifetempo. Dadurch gebe es mehr Austausch zwischen Holz und Destillat. „Unser Vierjähriger ist soweit wie ein achtjähriger Schotte“, sagt Hötten. Nachteil der schnelleren Reifeleistung ist der höhere sogenannte Angels' Share (Engelsanteil) - ein winziger Prozentsatz, der Jahr für Jahr aus den Whiskyfässern verdunstet.

Noch in diesem Monat wollen Hoffmann und Hötten neue Fässer befüllen. Auch der „Batch No. 2“ wird vier Jahre in den Eichfässern lagern. „Guter Whisky braucht eben Zeit“, sagt Hötten. Und dieses Handwerk hat seinen Preis. Gut 60 Euro kosten 0,7 Liter Whisky aus Dithmarschen.

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