Individuelle Gesundheitsleistungen (IGel) Wenn Ärzte privat abrechnen

Verbraucher können schlechte Erfahrungen schildern und erhalten Rat von Fachleuten.

Individuelle Gesundheitsleistungen (IGel) sind die ärztlichen Angebote, die der Arzt privat mit dem Patienten abrechnet.

Individuelle Gesundheitsleistungen (IGel) sind die ärztlichen Angebote, die der Arzt privat mit dem Patienten abrechnet.

Foto: dpa

Düsseldorf. „Meine Zahnärztin erklärte mir, dass die Krankenkasse die Kosten für eine Parodontalbehandlung nur auf Antrag übernehme. Als Vorbehandlung sei eine professionelle Zahnreinigung notwendig, die ich selbst bezahlen müsse. Die Kosten lägen bei ca. 115 Euro.“

So sieht er aus — der aktuelle „IGeL-Ärger des Monats“ auf dem Serviceportal IGel-Ärger der Verbraucherzentrale NRW. Mit Fragen wie diesen hat Christiane Lange täglich zu tun. Die Juristin und Expertin für Gesundheitsthemen bei den Düsseldorfer Verbraucherschützern ist zuständig für das Internetportal „Igel-Ärger“ zu den sogenannten Individuellen Gesundheitsleistungen. „Wir haben seit dem Start im vergangenen September etwa 1500 Beschwerden gesammelt, auch viele von der Generation 60 plus“, sagt Lange, die daran abliest, dass hier viel Unsicherheit und Beratungsbedarf besteht.

Was hilft es dem Verbraucher, wenn er auf der Internetseite Dampf ablässt? Zunächst einmal kann ihm der Kommentar, den Verbraucherschützerin Lange als Antwort unter die im Netz veröffentlichte Beschwerde schreibt, konkret weiterhelfen. Bei der Frage nämlich, ob es sich lohnt, gegen das Verhalten des Arztes vorzugehen. Oder ob dieser sich korrekt verhalten hat. Darüber hinaus ist die Antwort der Expertin Rat für diejenigen, die sich einer ähnlichen Situation ausgesetzt sehen.

Können die Menschen, die auf diese Weise öffentlich ihr Gesundheitsproblem schildern, auf Vertraulichkeit rechnen? Lange versichert: „Viele schreiben anonym, aber auch bei Namensnennung wird der Fall auf unserer Beschwerde-Pinnwand selbstverständlich ohne Angaben zur Person oder zum Arzt bzw. Krankenhaus behandelt.“ Es sei aber nützlich, wenn der Betroffene seinen Namen nennt, damit er gegebenenfalls kontaktiert werden kann.

Lange erklärt das anhand eines Falles: Ein Mann ging wegen Verdachts auf Netzhautablösung zum Augenarzt. Dort legte ihm die Sprechstundenhilfe ein Formular vor. Er solle unterschreiben, dass er einer kostenpflichtigen Glaukom-Früherkennung für 20 Euro zustimme. Falls er dies ablehne, solle er unterschreiben, dass er selbst die volle Verantwortung für eventuell später auftretende Schäden übernehme.

„Weil wir alle Daten und Belege hatten, konnten wir den Augenarzt abmahnen“, sagt Lange und erklärt: „Das ist ein unzulässiger Druck auf den Patienten, es wird Angst erzeugt. Zumal, wenn er ein solches Formular ohne Zusammenhang zu den Beschwerden, wegen derer er den Arzt aufgesucht hat, schon an der Empfangstheke vorgelegt bekommt.“ Nach dem Patientenrechtegesetz müsse die Aufklärung mündlich erfolgen, nicht durch ein vom Personal vorgelegtes Formular.

Neben Aufklärung und einem eventuell rechtlichen Vorgehen im Einzelfall hat das Portal noch eine weitergehende Bedeutung: Es sollen möglichst viele Fälle gesammelt werden, um dem häufig von Verbandsvertretern zu hörenden Argument etwas entgegenzusetzen, es seien nur wenige schwarze Schafe, die sich beim Thema IGel nicht korrekt verhielten. Für Lange sind die Beschwerden eher die Spitze des Eisbergs. „Daher ist es so wichtig, dass viele uns ihre Erfahrungen schildern.“ Umso erfolgreicher könne man gegenüber Anbieterverbänden und Politik auftreten. Jede Beschwerde leiste einen Betrag. Schon jetzt, nach den paar Monaten, die das Portal freigeschaltet sei, habe man einiges in der Hand für bereits laufende Gespräche mit Verbandsvertretern über Verbesserungsmöglichkeiten. Lange: „Wir wollen nicht nur den Gegenspieler der Ärzte geben, sondern mit unserer Arbeit dazu beitragen, dass sich etwas verbessert.“

Übrigens: Die Antwort auf die Beschwerde in dem eingangs geschilderten Fall ist lang und hintergründig. Zitat daraus: „Die Professionelle Zahnreinigung stellt je nach Schweregrad der Parodontitis eine sinnvolle, aber keine verpflichtende Vorbehandlung dar. Sofern Sie sich für diese Art der Vorbehandlung entscheiden, sollten Sie bei der Krankenkasse anfragen, ob diese im Rahmen ihrer freiwilligen Satzungsleistungen die Kosten übernimmt.

Details lesen Sie unter: vz-nrw.de/igel-aerger

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