SMS-Therapie: Neue Wege im Kampf gegen Magersucht

Hannover (dpa) - Bei der Behandlung der lebensbedrohlichen Magersucht gehen Ärzte und Therapeuten neue Wege: Mehrere Kliniken bieten Nachsorge-Programme über das Internet oder per SMS an.

„Die betroffenen Mädchen und jungen Frauen können sich in Selbsthilfe-Foren austauschen und bei Fragen an einen Therapeuten oder Coach wenden“, sagte Prof. Martina de Zwaan, Sprecherin des Forschungsverbundes zur Psychotherapie der Essstörungen (EDNET), der Nachrichtenagentur dpa. Die Internet-Angebote sollen den Übergang von der stationären Behandlung zurück in den Alltag erleichtern. „Die Gefahr besteht, zu Hause in alte Gewohnheiten zurückzufallen“, sagte de Zwaan.

Von diesem Donnerstag bis Samstag treffen sich internationale Experten zum 3. Wissenschaftlichen Kongress der Deutschen Gesellschaft für Essstörungen in Hannover. Die an EDNET beteiligten Wissenschaftler stellen ihre Ergebnisse vor.

Unter Essstörungen wie Essbrechsucht (Bulimie) oder Binge Eating (krankhafte Ess-Attacken) ist Magersucht die seltenste, aber gefährlichste Krankheit. Bis zu zehn Prozent der Patientinnen, die deswegen stationär behandelt werden, sterben Schätzungen nach an den Folgen. „Die gute Nachricht ist aber, dass 50 Prozent völlig geheilt werden, das ist relativ viel für eine psychische Erkrankung“, sagte de Zwaan, Direktorin der Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie an der Medizinischen Hochschule Hannover.

Viele Mädchen erkrankten mit etwa 13 Jahren an Magersucht, wenn ihr Körper weibliche Formen annehme. Ein zweiter kritischer Punkt sei um den 18. Geburtstag herum die Loslösung vom Elternhaus. Etwa ein Prozent der 13- bis 25-Jährigen sind betroffen. „Allerdings zeigt mehr als jedes fünfte Kind Symptome einer Essstörung“, betonte die Expertin. 22 Prozent der 11- bis 17-Jährigen haben ein problematisches Essverhalten, wie eine Studie des Robert Koch-Instituts (RKI) ergab.

Das Internet bietet Chancen bei der Therapie, birgt allerdings auch Gefahren für magersüchtige Mädchen. Die Zentralstelle für den Jugendschutz im Internet, jugendschutz.net, registriert einen stetigen Anstieg von Webseiten, die Magersucht verherrlichen. Häufig würden diese von betroffenen Mädchen betrieben, die nicht einsehen, dass sie krank sind.

Die fehlende Einsicht sei typisch für die Krankheit, sagte de Zwaan. Trotz der Risiken hält sie die Neuen Medien für ein geeignetes niedrigschwelliges Angebot, um Menschen mit Essstörungen zu erreichen. „Man bekommt auch Zugang zu Betroffenen, die sich aus Scham noch gar nicht an einen Arzt gewandt haben.“

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