Lebensmittelallergie beim Kind: Aufwendige Diagnose

Krefeld (dpa/tmn) - Reagieren Kinder auf Nahrungsmittel allergisch, ist der Nachweis oft mit viel Aufwand verbunden. Doch er lohnt sich: Dann weiß die Familie genau, was sie bei der Ernährung beachten muss.

In vielen Fällen verliert sich die Allergie bis zum Schulalter.

Isst ein Kleinkind zum ersten Mal ein Stückchen Brot, macht das in der Regel keine Probleme. Bekommt das Kind jedoch einen juckenden Hautausschlag, reagiert es mit Durchfall oder schnupfenähnlichen Symptomen, können das Anzeichen einer Nahrungsmittelallergie sein. Je früher sie erkannt werden und das auslösende Allergen identifiziert wird, umso besser: Dann kann man versuchen, es zu vermeiden.

„Belastbare Studien zur Zahl der betroffenen Kinder gibt es nicht“, erläutert Herbert Steinheuer, Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin und Allergologe in Krefeld. „Schätzungen gehen von zwei bis sieben Prozent aller Kinder aus.“ Bei den meisten werden die Symptome erstmals innerhalb der ersten beiden Lebensjahre sichtbar.

„Die Betroffenen reagieren innerhalb kurzer Zeit nach dem Genuss des Nahrungsmittels mit Reaktionen wie Juckreiz in der Mundhöhle, Nesselsucht an der Haut, Atemnot oder Kreislaufreaktionen bis zum anaphylaktischen Schock“, zählt Jörg Kleine-Tebbe von der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie auf. Diese Symptome sind Zeichen dafür, dass sich das Immunsystem des Körpers gegen das Allergen wehrt, weil es dieses als Angreifer wahrnimmt.

Bei den Nahrungsmittelallergien im Kindesalter sind in den meisten Fällen stabile Eiweiße in Grundnahrungsmitteln wie Kuhmilch, Hühnerei, Nüssen, Weizen, Fisch oder Soja die Ursache allen Übels. In jüngster Zeit kommen vermehrt auch Erdnüsse hinzu. Nur: Auf ein Grundnahrungsmittel zu verzichten, stellt erhebliche Anforderungen an die ganze Familie. Außerdem sind Ersatzprodukte teuer. Bevor auf Verdacht verzichtet wird, sollte deshalb unbedingt das spezifische Allergen ermittelt werden.

Die Basis dafür müssen die Eltern liefern, indem sie ein detailliertes Ernährungstagebuch führen. Dann ist ein auf Allergien spezialisierter Kinderarzt gefragt. „Für ihn ist es enorm wichtig, einen Zusammenhang zwischen der Nahrungsmittelaufnahme und den Symptomen zu erkennen“, sagt Steinhauer. Dann kann er gezielt testen.

Bei Erwachsenen sind dafür Prick-Tests verbreitet. „Bei Kindern ist dieses Verfahren schwierig, weil kaum Hautflächen zur Verfügung stehen, die groß genug sind“, erklärt er. Die Alternative ist der Nachweis der Sensibilisierung, indem IgE-Antikörper im Blut bestimmt werden. In komplizierten Fällen gibt es die Möglichkeit, unter ärztlicher Aufsicht zunächst allergenarme Kost und dann gezielt mögliche Allergene zu sich zu nehmen.

Sobald der Auslöser der allergischen Reaktion feststeht, ist eine Ernährungsberatung unverzichtbar. „Die Familie muss lernen: Wo ist das Nahrungsmittel drin, das vermieden werden soll? Und: Wie kann ich es so ersetzen, dass eine vollwertige Ernährung gesichert ist?“, erläutert Imke Reese, Ernährungstherapeutin aus München.

Bei abgepackten Lebensmitteln gilt der erste Blick der Zutatenliste. Dort müssen die wichtigsten der mehr als 100 bekannten Allergene deklariert werden. „Das Problem ist, dass es keine Endkontrolle der Produkte gibt. Es kann immer mal passieren, dass Rückstände aus einer vorherigen Produktion in ein Lebensmittel geraten“, warnt Reese. „Deshalb schreiben viele Hersteller unter die Zutatenliste den Warnhinweis 'Kann Spuren von xy enthalten'.“ Noch schwieriger ist die Speiseauswahl bei loser Ware, im Restaurant oder beim Kindergeburtstag.

Die gute Nachricht ist jedoch: „Rund 80 Prozent der kleinen Patienten verlieren diese Allergie wieder bis spätestens zum Schulalter“, sagt Kleine-Tebbe. Eine Ausnahme bildet dabei die Allergie gegen Erdnüsse.

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