Meinung Organspende - Das zweite Leben

Meinung | Berlin · Seit dem Göttinger Organspendenskandal doktert die Politik an dem Thema herum. Die Reform von 2012 brachte neben einer besseren Absicherung der Organentnahme gegen Missbräuche die Aufforderung an alle Bürger, sich zu entscheiden, ob sie als Spender zur Verfügung stehen.

Werner Kolhoff

Werner Kolhoff

Foto: k r o h n f o t o . d e

Die Zahl derjenigen, die einen entsprechenden Ausweis bei sich tragen, ist seither gestiegen, aber nicht durchschlagend. An der Tatsache, dass jährlich rund 1000 Menschen in Deutschland sterben, weil Spenderorgane spät kommen, hat sich wenig geändert. Auch weil es noch viele weitere Hindernisse gibt.

Die neue, gestern im Bundeskabinett verabschiedete Reform bessert nach. Sie verschafft den Entnahmekrankenhäusern mehr Geld, also einen Anreiz, sich an dem Transplantationssystem zu beteiligen. Und den Transplantationsbeauftragten mehr Zeit und Kompetenzen. Ausgeklammert hat Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) die große Grundsatzentscheidung: Zustimmungslösung oder Widerspruchslösung. Muss jeder zu Lebzeiten aktiv zugestimmt haben, wie es jetzt gilt? Oder reicht es schon, wenn er nicht widersprochen hat? Letzteres würde die Zahl der zur Verfügung stehenden Organe natürlich sofort schlagartig erhöhen. Der Bundestag wird darüber wohl im nächsten Jahr entscheiden, ohne Fraktionszwang.

Niemand kann vorhersagen, wie diese Abstimmung ausgehen wird. Die Politik sollte deshalb nicht darauf setzen. Ganz unabhängig davon muss sie weiterhin alles tun, um das System der Transplantationsmedizin optimal zu organisieren und die Menschen zur Organspende zu bewegen.

Kein Kranker sollte leiden müssen, bloß weil Machbares unterlassen wurde. Das ist das eine. Das andere: Wenn eine Transplantation gelingt – medizinisch gibt es sie noch nicht lange – ist es immer noch wie ein Wunder, ein zweites Leben. So bitter es für jeden Todkranken ist: Ein Recht auf Organe eines anderen kann es auch nicht geben.

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