Kochen mit Insekten, mehr als eine Mutprobe

Landau (dpa/tmn) - Man muss nicht in den australischen Dschungel reisen, um Insekten zu verspeisen. In Deutschland gibt es Restaurants, die Heuschrecke, Mehlwurm und Co. anbieten. Wer sie selbst zubereiten will, kann das in Insektenkochkursen ausprobieren.

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Es ist heiß und schwül, aus dem Lautsprecher tönen Geckorufe: beste Bedingungen, damit sich lebendige Heuschrecken und Co. heimisch fühlen. Doch im Reptilium in Landau in der Pfalz liegen die Insekten schockgefrostet in der Schale, um gleich von Menschen verspeist zu werden. Als Erstes ziehen sie den Heuschrecken die Flügel und die Hinterbeine, dann drehen sie ihnen den Kopfpanzer ab.

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„Krabben pulen ist schwieriger“, sagt eine Kochkurs-Teilnehmerin, die sich noch nicht sicher ist, ob sie die Krabbeltiere überhaupt essen will: „Man muss den Ekel überwinden.“ Im Kurs von Reptilium-Geschäftsführer Uwe Wünstel und Biologe Stephan Dreyer werden Heuschrecken, Waldschaben und Grillen kurz im Wok frittiert und dann als Fingerfood gegessen. In einer Mascarponezubereitung mit Zwiebeln, Knoblauch, Tomaten und Zucchini, die zu Pasta serviert wird, stecken Mehlwürmer. Als Nachspeise gibt es schokolierte Heuschrecken auf Eis mit Mehlwurmschokoladenstückchen.

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Die beiden Hobbyköche haben erste Erfahrungen mit essbaren Krabbeltieren in Asien gemacht. Privat bevorzugen sie zwar eher Fleisch und Gemüse, aber im Kurs geht es um mehr. „Aus dem Stadium der Mutprobe sind wir längst hinaus, wir wollen auch informieren über Insekten als ein mögliches neues Schnitzel“, sagt Dreyer.

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In den Filialen der Mongolian-Barbecue-Restaurantkette „Mongo's“ könnten Insekten dagegen der Renner unter den Vorspeisen werden. Mehlwürmer sind mit Koriander in Tempurateig eingehüllt und neben Heuschrecken und Grillen auf einem Bananenblatt angerichtet. Die Grillen sind mit einer Soße verfeinert und mit Curry abgeschmeckt, der fruchtige Whisky-Cola-BBQ-Dip harmoniert mit dem nussigen Aroma der Insekten. Aber nicht alle Gäste essen ihren Teller leer.

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Den Lebensmitteltechnologe Kolja Knof von der Hochschule Bremerhaven wundert das nicht - auch wenn 80 Prozent der Weltbevölkerung Insekten essen und die Welternährungsorganisation FAO sie als Problemlöser der Welternährung empfiehlt. „Fest gefügte Ernährungsgewohnheiten können sich nur über Generationen ändern“, erläutert er.

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Dabei spricht vieles für Insekten. Denn Heuschrecken, und Co. sind sehr eiweißreich, enthalten viel Vitamine, Mineralien und Spurenelemente. „Sie nicht zu essen, ist global gesehen ungewöhnlicher, als sie zu essen“, sagt Knof.

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Einer der ersten Profiköche in Deutschland, der Insekten zubereitet, kennt die Ekelfaszination vom Eiweiß auf sechs Beinen bestens. Nach den ersten Folgen der RTL-Sendung „Dschungelcamp“ habe es fast drei Jahre lang „einen richtigen Hype“ gegeben, sagt Frank Ochmann. Damals hatte er als Küchenchef des Club-Restaurants „Soda“ in Berlin Insekten auf der Speisekarte. Heute serviert er bei Tagungen über Nachhaltigkeit kunstvolle Kostproben einer möglicher Zukunftsnahrung. Ein Insektenschnitzel hierzulande sieht er aber in weiter Ferne. Schon allein aus einem Grund: „Heuschrecken rangieren preislich auf dem Niveau von Trüffeln.“

Wer Insekten trotzdem daheim zubereiten will, dürfte sich aber schon bei der Beschaffung schwertun. Denn nach europäischer Rechtslage sei unklar, ob Insekten hierzulande überhaupt als Lebensmittel angeboten werden dürfen, erläutert die Lebensmittelexpertin Christina Rempe in der Fachzeitschrift „Ernährung im Fokus“. Privatleuten bleibt daher nur, entweder über das Internet im Ausland zu bestellen oder im Zoofachhandel lebende Insekten zu kaufen, zwei Wochen lang mit guter Nahrung zu füttern und dann schockzufrosten.

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