Immer flambiert - Crêpes Suzette mit Orangenlikör

München (dpa/tmn) - Pfannkuchen kann jeder. Crêpes Suzette dagegen sind hohe Küchenkunst: Die wohl berühmteste Süßspeise aus Frankreich braucht besonderes Fingerspitzengefühl bei der Zubereitung.

Am Ende darf eine Flamme nicht fehlen.

Es war einmal ein Königssohn. Der war von einem hübschen, aber armen Mädchen sehr angetan und lud sie zum Essen ein. Da kreierte der Koch ein neues Dessert. Das wurde nach dem jungen Mädchen benannt - was wie ein Märchen klingt, ist die Kurzfassung der Entstehung von Crêpes Suzette.

Tatsächlich ranken sich diverse Anekdoten um die wohl bekannteste französische Süßspeise. „Was da genau passiert ist, weiß natürlich niemand. Aber es gibt eine Geschichte, die verbeißt sich“, erläutert der Meisterkoch Alfons Schuhbeck aus München. Danach verbrachte der spätere König Edward VII. von England seine Ferien im Januar 1896 in Monte Carlo. Dort lernte er die Näherin - oder vielleicht war es doch eine Schauspielerin? - Suzette kennen, machte ihr den Hof und speiste mit ihr im legendären Café de Paris. Der Lehrling Henri Charpentier sollte das Dessert am Tisch zubereiten und servieren - Crêpes mit einer Orangensoße.

„Während er die Soße zubereitete, hat er durch ein Missgeschick eine Flasche mit Orangenlikör umgekippt. Durch die Flamme, mit der die Crêpes erhitzt werden sollten, entzündete sich der Likör und mit ihm die Marinade“, erzählt Murielle Rousseau, Fachbuchautorin aus Freiburg. Geistesgegenwärtig tauchte der Lehrling den Pfannkuchen in die Sauce, kostete und verkaufte den Gästen das brennende Dessert als neue Kreation. Die waren zwar verwundert, aber begeistert. Und benannten die Crêpes nach der Begleiterin des Kronprinzen.

Seither heißen flambierte Crêpes mit Orangensoße - und nur diese - „Crêpes Suzette“. „Die Rezepte dafür werden in den Familien weitergereicht. Jeder hat seine eigenen, kleinen Varianten“, sagt Sylvie-Anne Valambert, Chefin von Le Café Crème im nordrhein-westfälischen Hamminkeln-Dingden. Bei ihr gibt es jeden Dienstag nur Crêpes Suzette. „Das ist einfach kein Dessert, was man zwischendurch schnell machen kann. Man muss sich Zeit nehmen“, begründet sie das.

Zeit braucht vor allem der Teig. Damit die Pfannkuchen später hauchdünn werden, muss er genau die richtige Konsistenz haben. Zunächst werden Mehl, Milch, Wasser, Zucker und Eier verrührt. Dann kommt zerlassene Butter hinzu. „Ganz ursprünglich waren Crêpes ein Arme-Leute-Essen. Durch immer mehr Butter wurden sie nach und nach immer mehr verfeinert. Und durch die Butter wurden sie immer dünner und edler“, erläutert Schuhbeck. Bevor der Teig in die Pfanne kommt, muss er bis zu einer halben Stunde ruhen. „Dann testet man: Der Teig muss wie ein Faden aus der Kelle runterlaufen“, ergänzt Rousseau. Bei Bedarf wird noch etwas Wasser zugegeben.

Klassisch wird der Teig dünn und gleichmäßig mit einem Teigrechen auf eine runde, gusseiserne Platte gestrichen und höchstens mit ganz wenig Fett gebacken. Wer keine moderne Crêpe-Platte für die Tischzubereitung hat, kann auch zur ganz normalen Bratpfanne und dem Bratschieber greifen.

Die Krönung ist die Soße. Auch sie hat es in sich: Die Grundlage ist karamellisierter Zucker. „Beim Anrösten des Zuckers muss man mit der Temperatur höllisch aufpassen - wenn er verbrennt, ist er ungenießbar“, warnt Valambert. Der angeröstete Zucker wird mit frischer Butter abgelöscht. Dann kommen Orangen-, nach Belieben auch Zitronensaft hinzu. Bis das Karamell richtig geschmolzen ist, wird die Marinade unter Rühren weitergekocht. Bei vielen Rezepten werden in letzter Minute noch Orangenfilets hineingegeben.

„Zum Flambieren eignet sich jeder Alkohol, der das Orangenaroma unterstreicht“, empfiehlt Rousseau. Neben Grand Marnier und Cointreau kämen alle Orangenliköre infrage. „Wer in Südfrankreich Urlaub macht, sollte auf den lokalen Märkten bei kleinen Brennereien zugreifen.“

Beim Servieren befinden sich die mit der Marinade gefüllten und gefalteten Crêpes meist in einer heißen Pfanne oder auf dem Teller. Der zuvor erwärmte Alkohol wird mit einem Streichholz angezündet und mit einer Kelle über das Dessert gegeben. „Heute werden Crêpes Suzette oft in der Küche fertig zubereitet. Aber es gibt immer noch einzelne Restaurants, wo das Flambieren am Tisch richtig zelebriert wird. Das ist dann eine kleine Show, ein Ereignis“, sagt Schuhbeck.

Mit jenen zusammengeklappten Teiggebilden, die man heute längst nicht mehr nur in Frankreich, sondern auch an Crêpe-Ständen auf deutschen Weihnachtsmärkten oder am Ostseestrand auf einer Pappe auf die Hand bekommt, haben diese Crêpes Suzette jedenfalls nur noch wenig gemein.

Literatur:

- Alfons Schuhbeck: Meine Küchengeheimnisse 2, Zabert Sandmann, 168 S., 19,95 Euro, ISBN-13: 978-3-89883-296-0

- Murielle Rousseau: La vie en rose. Die wunderbaren süßen Rezepte meiner französischen Familie, Gerstenberg, 192 S., 19,90 Euro, ISBN-13: 978-3836929783

- Hervé Kerourédan: Crêpes & Galettes, 99pages, 104 S., 14 Euro, ISBN.13: 978-3-942518-23-9

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