Von Restaurant bis Box Großer Appetit auf Sushi bringt satte Zuwächse

Köln (dpa) - Vor einigen Jahren noch skeptisch beäugt, heute heiß begehrt und praktisch überall erhältlich: Der Appetit der Deutschen auf Sushi wächst gewaltig.

Früher gab es die kleinen Reis-Fisch-Häppchen nur im gehobenen Japan-Restaurant, inzwischen haben sie einen festen Platz in Supermärkten und Discountern erobert, halten Lieferdienste auf Trab und sorgen in der Gastronomie für satte Zuwächse. Die Produktion in Deutschland steigt und immer mehr Anbieter springen auf.

Vor dem Start der weltgrößten Ernährungsmesse Anuga in Köln zeigt sich: Die Variationen mit rohem Lachs, Thunfisch, Algenblättern, Minikaviar, Garnele und Co. sind kaum noch überschaubar. „Die Sushi-Box als frisches Convenience-Produkt für den schnellen Verzehr hat sich in Deutschland etabliert“, sagt Matthias Keller, Geschäftsführer des Fisch-Informationszentrums. Der Sushi-Boom habe dem Fisch-Frischhandel einen klaren Schub gegeben. Zahlen, wie viel Geld in Deutschland mit Sushi verdient wird, gibt es indes nicht.

Stark gefragt sind Restaurants, in denen sich der Gast Häppchen vom kreisenden Band auswählt. Ebenfalls als schick gelten Lokale, in denen man seine Sushi-Order per Tablet direkt in die Küche schickt. Aber Sushi ist nicht gleich Sushi.

Zu den Pionieren bundesweit gehört „Sushi Factory“ mit seiner ersten Sushi-Bar 1998 in Hamburg - damals ein Experiment. Heute unterhält das Unternehmen viele Restaurants und einen expandierenden Lieferservice. Geschäftsführerin Ellen Kartenbeck sieht aber auch zweifelhafte Entwicklungen. Viele Kunden verlangten „all you can eat“ - also Sushi bis zum Abwinken zu einem Festpreis. „Das ist kaum kostendeckend machbar und geht letztlich auf die Qualität. Wer sich dafür einmal entschieden hat, verflucht das heute teilweise“, hört sie von Branchen-Kollegen.

Die Rohwarenpreise seien gestiegen, betont Kartenbeck. So hätten sie sich etwa für Lachs binnen zehn Jahren auf aktuell 11 Euro pro Kilo verdreifacht. Sie leiste sich dennoch weiter den Luxus, Sushi-Köche aus Japan zu beschäftigen und Fisch aus Norwegen und Dänemark zu beziehen, sagt Kartenbeck. Aber: „Viele Verbraucher in Deutschland sind nicht bereit, einen hohen Preis für zahlen für Qualität.“ Also musste Sushi günstiger werden - und hat es so bis in die Discounter geschafft. Der Niedrigpreis habe indes auch Hemmschwellen abgebaut, die manche Menschen haben. „Für fünf Euro traut sich jeder, mal Sushi zu probieren.“

Kartenbeck glaubt indes: „Bei geringerer Qualität wird sich eine großflächige Abdeckung bis in Deutschlands Niederungen hinein auf Dauer nicht halten können.“ Einige Billiganbieter sind schon vom Markt verschwunden. Wolfgang Adlwarth, Konsumexperte beim Marktforscher GfK, meint dagegen: Für Sushi insgesamt sei auch künftig ein sattes Plus zu erwarten. „Wir sehen im Einzelhandel ein steiles Wachstum, vor allem im letzten Jahr - zweistellige Wachstumszahlen, die die üblichen Zuwachsraten für Lebensmittel klar übersteigen.“

Immer häufiger sieht man in großen Supermärkten auch Bars oder Stände, wo Angestellte Sushi vor den Augen der Kunden frisch zubereiten und in Boxen „To Go“ verpacken. Das habe Erlebnis-Charakter und komme beim Kunden gut an, sagt Stefanie Sabet von der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE). Sushi stehe für frisches Essen und profitiere vom Image, gesund und kalorienarm zu sein. „Bei Varianten mit Mayonnaise oder Frittiertem muss man aber genauer hinschauen.“

Zu den großen Anbietern gehören „Eat Happy“ oder „Sushi Daily“. „Natsu Food“ aus Neuss - vor zehn Jahren einer der ersten Hersteller von Sushi-Boxen - beliefert inzwischen Tausende Märkte hierzulande und wird zu den Marktführern in Europa gezählt. Die Japanerin Emi hat bei manchen Sushi-Boxen aber Bedenken: „Es muss nicht schmecken wie in Japan. Aber manchmal ist Sushi aus dem Kühlregal einfach gar nicht lecker. Dann lieber ein Sandwich mit Wurst oder Schinken.“

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