Gesundheit: Wenn die Klinik krank macht

Die Ausbreitung von MRSA wird zum Problem für Krankenhäuser. Im Münsterland profitieren Ärzte von den Erfahrungen der Niederländer.

Münster. Sie sind unsichtbar, hochgefährlich und eine Herausforderung für jedes Krankenhaus: Bakterien der Art "Methicillin-Resistente-Staphylococcus-Aureus" - kurz MRSA.

Sie besiedeln beim Menschen zumeist die Nase und den Rachenraum und sind resistent gegen Antibiotika. Für Menschen ist MRSA eigentlich unproblematisch, solange die Keime nicht in Kontakt mit einer offenen Wunde kommen. Dann drohen Infektionen, Blutvergiftungen und im schlimmsten Fall der Tod eines Patienten.

Grund für den Anstieg von MRSA-Fällen in den vergangenen Jahren ist nach Erkenntnissen des Robert-Koch-Instituts (RKI) in Berlin in erster Linie mangelnde Hygiene und Prävention in Kliniken. Weltweit, so heißt es beim Institut, stellen MRSA-Infektionen ein "eskalierendes Problem" in stationären Einrichtungen dar.

Betroffen sind vor allem Japan, die USA und Italien. Aber auch in Deutschland ist die Zahl der Fälle gestiegen. Das RKI empfiehlt daher, bei Patienten aus Risikogruppen wie beispielsweise Pflegeheim-Bewohnern bereits bei der Klinik-Aufnahme MRSA-Tests, sogenannte Screenings, durchzuführen.

Wird MRSA nachgewiesen, muss nach den Richtlinien des RKI, das seit kurzem für die Kliniken in NRW verbindlich ist, eine lückenlose Kette von Präventions- und Hygienemaßnahmen folgen, um eine Übertragung auf andere Patienten zu vermeiden.

In den Niederlanden und den skandinavischen Ländern wird die Zahl der MRSA-Fälle nach RKI-Angaben aufgrund einer konsequenten Strategie seit Jahren auf niedrigem Niveau gehalten. Im Grenzgebiet zu den Niederlanden, im Münsterland, profitiert das Gesundheitswesen von den Kenntnissen des Nachbarn.

Dort wurde im Juli 2005 ein grenzüberschreitendes Netzwerk "MRSA-net" gegründet, das das Münsterland und die angrenzenden niederländischen Provinzen umfasst. Innerhalb der Euregio wird es finanziell von der EU und der NRW-Landesregierung gefördert.

Projektleiter ist Alexander W.Friedrich, Oberarzt am Institut für Hygiene der Universitätsklinik Münster. Seine wichtigste Erkenntnis im Kampf gegen MRSA: "Es wird Zeit vergeudet durch Nichthandeln." Deshalb hat das Netzwerk, dem neben Kliniken auch niedergelassene Ärzte, Gesundheitsämter und Krankenkassen angehören, sich darauf verständigt, dass jeder MRSA-Patient nach seiner Entlassung von seinem Hausarzt weiter behandelt wird - ein Modell, das in den Niederlanden schon lange erfolgreich ist.

Dazu wird dem Hausarzt ein sogenannter "Sanierungs-Übergabebogen" ausgehändigt, in dem die weiter notwendigen Schritte vorgegeben sind. Innerhalb eines Jahres wird der Patient mindestens noch zweimal untersucht, um sicherzustellen, dass die Keime bekämpft sind und die Gefahr einer Übertragung ausgeschlossen ist. Sollte er vor Ende der Therapie erneut in eine Klinik eingeliefert werden, wird er dort sofort isoliert gepflegt, um eine Ausbreitung zu vermeiden.

Das vom RKI empfohlene Screening von Risikopatienten befürwortet Friedrich. Allerdings erweiterte das Netzwerk die Liste um eine weitere Gruppe, nachdem rund 27000 Personen in Kliniken der Euregio getestet worden waren: "Dabei fiel auf, dass etwa ein Drittel der MRSA-Fälle bei Personen festgestellt wurden, die innerhalb der vergangenen sechs Monate in einem deutschen Krankenhaus waren", berichtet Friedrich.

Die Erweiterung des Risikogruppen-Katalogs führte im Münsterland dazu, dass nun fast jeder dritte Patient bei der Aufnahme auf MRSA untersucht wird, nach der RKI-Richtlinie wären es rund 15 Prozent, so Friedrich.

Klagen von Kliniken, dass die Screenings zu teuer seien, kann Friedrich nicht verstehen. "Das ist ein Denkfehler", betont er. So ein Schnelltest koste rund drei Euro - spare aber weitaus größere Kosten, die durch eine Einschleppung von MRSA auf eine Klinik zukämen.

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