Gartenarbeit wirkt auf Körper und Seele

Wuppertal (dpa/tmn) - Eine Gartentherapie ist für Körper und Seele gut. Eingesetzt wird sie vor allem in psychiatrischen Einrichtungen. Bei der Arbeit im Grünen erlebt sich der Mensch als nützlich, der Garten hilft beim Erkennen und Akzeptieren der Krankheit.

Ein Garten tut gut. Hier ist der Mensch in der Natur, hier kann er säen und ernten, sein Umfeld selbst gestalten, zur Ruhe kommen oder einfach die Schönheit des Ortes genießen. Die vielen positiven Seiten des Gartens werden auch bei der Behandlung von kranken Menschen genutzt.

„Gartentherapie gibt es in Deutschland seit etwa 20 Jahren. Aber die Idee ist schon viel älter“, sagt Konrad Neuberger, Vorsitzender der Gesellschaft für Gartenbau und Therapie in Wuppertal. Schon vor mehr als 300 Jahren stellten Psychiater fest, dass die Arbeit in der Natur eine heilsame Wirkung hat.

Heute setzen mehrere hundert Einrichtungen in Deutschland bei der Therapie auch auf den Garten, meistens im psychiatrischen Bereich. Zu ihnen gehört auch die Helios-Klinik in Hattingen an der Ruhr, einer Fachklinik für neurochirurgische und neurologische Rehabilitation. Hier leben Menschen zum Beispiel mit Schädel-Hirn-Traumata, nach Hirnblutungen oder Tumorbehandlungen. Seit 18 Jahren wird hier auch eine Therapie im Garten angeboten. „Es sind häufig Momente im Garten, in denen sich diese Menschen wieder als fähig erleben“, sagt der dortige Therapeut Andreas Niepel. Er ist auch der Präsident der Internationalen Gesellschaft GartenTherapie.

Die Liste der Vorteile einer Therapie im Grünen ist lang. Da ist zum einen die körperliche Seite. Bei der Gartenarbeit trainieren die geschwächten Menschen ihren Körper. Anders als in der Krankengymnastik hat ihre Tätigkeit im Garten auch noch den Sinn, dass sie mit ihrer Bewegung etwas erschaffen oder verändern. „Sie können zum Beispiel Blumentöpfe wegräumen und dabei ihre Greiffähigkeit verbessern“, sagt Neuberger.

Das Spektrum der Arbeiten in einem Garten ist groß. Es reicht von einfachen Tätigkeiten wie Erde zerkrümeln bis hin zu anspruchsvolleren Aufgaben wie dem Zurückschneiden einer Hecke. Für jeden Menschen mit seinen Fähigkeiten ist etwas dabei. Manche Patienten können im Garten auch ihre überschüssigen Kräfte loswerden.

Doch vor allem tut der Garten der Seele gut. Die Menschen, die sonst gepflegt werden, erleben sich hier als Pflegende. Sie werden gebraucht und haben eine Aufgabe. Manche freuen sich schon auf die Arbeit im Garten und die Pflege „ihrer“ Pflanzen, die ohne sie verdursten würden.

„Die Menschen werden aktiv und erleben sich als nützlich. Das ist gut für das Selbstbewusstsein“, sagt der Psychologe Andreas Lindner, der im Therapiezentrum Münzesheim bei Karlsruhe, einem Fachkrankenhaus für suchtkranke Männer, arbeitet. „Der Garten hilft ihnen beim Bewältigen und Akzeptieren der Krankheit.“ Suchtkranke haben nur ihre Sucht, ansonsten denken sie an nichts anderes. Der Garten hilft ihnen, sich für die Welt zu öffnen. Zum ersten Mal seit langem nehmen sie ihre Umwelt wieder wahr.

„Wenn der Patient etwas genießt, ist das sehr positiv für die Therapie“, sagt Niepel. Zum Genießen gehört auch, dass hier nicht - wie bei vielen anderen Therapien - die Defizite eines Menschen im Vordergrund stehen, sondern sein Können.

Im Garten ist immer ein Therapeut dabei. Er spricht mit den Menschen, bringt sie zum Nachdenken und gibt Anregungen. Zum Beispiel kann der Therapeut darauf aufmerksam machen, wie aufrecht ein Baum wächst. „Dann richten sich die Menschen unwillkürlich auf und erinnern sich daran, dass ja auch sie gerade stehen“, sagt Neuberger. „Ein Blick auf die Pflanzen setzt uns in Beziehung zu unseren eigenen Entwicklungsmöglichkeiten.“

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