Forschung: Ein Meilenstein der Medizin

Die Entdeckung zweier Teams, Stammzellen aus Körperzellen zu gewinnen, könnte die Wissenschaft verändern.

Kyoto/Wisconsin. Was in den aktuellen Druck-Ausgaben der Wissenschafts-Magazine Science und Cell Ende dieses Monats erscheint und bereits in den Online-Ausgaben vorab veröffentlicht wurde, ist möglicherweise einer der großen Durchbrüche für die Medizin der Zukunft. Erstmals ist es unabhängig voneinander zwei Forschungs-Gruppen in Japan und den USA gelungen, aus isolierten, bereits spezialisierten Zellen eines Menschen Stammzell-ähnliche Zellen zu gewinnen.

Stammzellen besitzen die Fähigkeit, sich zu allen Zelltypen des Körpers zu entwickeln. Das macht diese "Alleskönner" für therapeutische Zwecke interessant. Theoretisch könnten aus ihnen Ersatz-Organe gezüchtet werden, die nicht abgestoßen werden. Oder Haut und Gewebe zur Heilung von Verletzungen. Das Warten auf Transplantationslisten hätte damit ein Ende.

Natürlicherweise finden sich Stammzellen beim entstehenden Leben, den Embryos. Aus deren erster Zelle, der befruchteten Eizelle, bilden sich durch Teilung die sogenannten embryonalen Stammzellen. Auf bestimmte Signale hin, die bei der Entwicklung des Embryos nach einem festen Muster gegeben werden, bilden sich aus den Alleskönnern die verschiedenen speziellen Zelltypen - etwa Herz-, Muskel-, oder Knochenzellen.

Bisher war es nicht möglich, aus menschlichen Körperzellen diese Stammzellen zu entwickeln. Forscher in aller Welt bedienten sich für ihre Experimente, mit denen etwa die Zucht von Organen aus diesen Zellen erforscht werden soll, der embryonalen Stammzellen. Zu deren Gewinnung werden allerdings die Embryonen zerstört. Die damit verbundenen ethischen Bedenken führten in Deutschland zu einem politischen Streit. Die Herstellung und Einfuhr auf diese Art gewonnener Zellen ist hierzulande mittlerweile verboten.

Wissenschaftler in aller Welt nannten die Entdeckung der Forscher-Teams um den Stammzellforscher Shinya Yamanaka von der Kyoto University in Japan und den US-Forscher James Thomson von der Universität Wisconsin einen Meilenstein. Allerdings ist man von einer medizinischen Anwendung der Zellen noch weit entfernt. Noch sei etwa nicht klar, ob die Zellen tatsächlich das gleiche Potenzial haben wie embryonale Stammzellen.

Forscher Deutschlands führender Stammzellforscher, Hans Schöler vom Max-Planck-Institut in Münster, nannte die Arbeiten von Yamanaka und Thomson "bahnbrechende Ergebnisse, die meines Erachtens das Klon-Schaf Dolly in den Schatten stellen".

Politiker Forschungsministerin Anette Schavan nannte den Erfolg "höchst erfreulich". Ilse Aigner, forschungspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, äußerte die Hoffnung, man könne bald auf humane embryonale Stammzellen verzichten.

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