Empfehlung: Ist Windpockenimpfung sinnvoll?

Mittlerweile wird bei Kindern zur Vorbeugung geraten, damit es keine Spätfolgen wie Gürtelrose gibt.

<strong>Düsseldorf. Noch vor Kurzem wurden regelrechte Windpockenparties veranstaltet: Gab es in einer Familie Windpocken, wurden alle jüngeren Kinder aus der Nachbarschaft eingeladen, damit diese sich möglichst schnell "durchseuchten", sprich, die landläufig als harmlos geltende Kinderkrankheit möglichst früh hinter sich brachten. Denn: Im Kindesalter ist die Krankheit in der Regel relativ komplikationslos. Im Erwachsenen- und Jugendlichenalter dagegen gilt der Verlauf als schwieriger. Inzwischen hat sich die offizielle Meinung über Windpocken etwas gewandelt: Die STIKO (ständige Impfkommission des Robert-Koch-Institutes) empfiehlt heute, grundsätzlich alle Kinder gegen Varizellen (Windpocken) impfen zu lassen. Eine Begründung für diese zusätzliche Impfung: Die Komplikationsraten dieser Krankheit seien nicht so niedrig, wie bislang angenommen.

Krankheitsfälle gingen um 71 bis 84 Prozent zurück

Allerdings schwanken die Angaben zu der Häufigkeit von Komplikationen sehr stark: je nachdem wie die einzelnen Studien den Begriff Komplikation definieren, zwischen 0,85 pro 100 000 Kindern und rund 5700 pro 100 000 Kindern (Quelle: RKI). Laut Studien aus den USA, wo seit 1995 eine allgemeine Windpockenimpfempfehlung besteht, gingen dort die Krankheitsfälle in der Gesamtbevölkerung bis zum Jahr 2000 um 71 bis 84 Prozent zurück.Grundsätzlich ist die Varizellenimpfung nicht neu. Schon seit vielen Jahren galt eine Impfempfehlung für bestimmte Risikogruppen, zum Beispiel Kinder mit schweren Grunderkrankungen oder Frauen mit Kinderwunsch, die keine Immunität besitzen. Die allgemeine Impfung gegen Windpocken ist allerdings trotz der Empfehlung der STIKO bei Kinderärzten nicht unumstritten. Selbst grundsätzliche Impfbefürworter bezweifeln die medizinische Notwendigkeit, da die Krankheit in der Regel von den Kindern gut verkraftet wird. Bekannteste Folge einer Varizellen-Infektion ist das viele Jahre spätere Auftreten einer Gürtelrose (Herpes Zoster): Nach einer akuten Windpockeninfektion kann das Virus in bestimmten Körperzellen still, aber dauerhaft überleben. Bei rund 20 Prozent der Bevölkerung tritt das Virus im Alter - ohne erkennbaren Grund oder aber durch Irritationen des Immunsystems - wieder in Aktion und verursacht die oft sehr schmerzhafte Gürtelrose. Unklar ist bislang, ob und wie eine Windpockenimpfung auch das Auftreten der Gürtelrose beeinflusst.

Häufigste Komplikation der durch das Varicella-Zoster-Virus (VZV) verursachten Kinderkrankheit sind bakterielle Infektion auf der Haut, die meistens durch Aufkratzen der Bläschen entstehen und mit Antibiotikasalben behandelt werden müssen.

Windpocken: Windpocken sind eine durch das Varizella-Zoster-Virus ausgelöste, per Tröpfcheninfektion übertragene Erkrankung. Der Name kommt von der Ansteckungsfähigkeit dieser Viren, die über einige Meter in der Luft übertragen werden.

Erkrankungen: Zurzeit erkranken in Deutschland jährlich rund 700 000 Personen an Windpocken. Darunter 41,5 Prozent im Alter von 0 bis 5 Jahren, ca. 42,4 Prozent im Alter von 6 bis 12 Jahren sowie ca. 8,8 Prozent im Alter von 12 bis 15 Jahren. Bereits in der Altersgruppe der 10- bis 11-Jährigen liegt die Durchseuchungsrate bei 94 Prozent.

Tote: Die Sterberate als Folge einer Varizelleninfektion soll zwischen 0,03 bis 0,05 pro 100 000 Menschen im Jahr liegen. Das entspräche rein statistisch 25 bis 40 Todesfällen in Deutschland pro Jahr.

Beratung: Eltern, die über eine Impfung für ihr Kind nachdenken, sollten sich vom behandelnden Kinderarzt beraten lassen.

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