Ratgeber Entzündlicher Rückenschmerz: So lassen sich die Schmerzen lindern

Entzündliche Rückenerkrankungen wie Morbus Bechterew können starke Schmerzen auslösen. Auf welche Weise sich diese speziellen Schmerzen behandeln lassen, erklärt Privatdozentin Dr. Uta Kiltz, Oberärztin am Rheumazentrum Ruhrgebiet des Universitätsklinikums Bochum.

Die zwei Behandlungssäulen bei entzündlichem Rückenschmerz
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Mehr als eine halbe Million Menschen in Deutschland leiden an einem entzündlichen Rückenschmerz, hervorgerufen durch eine Erkrankung der Wirbelsäule (Spondyloarthritis). Das häufigste Krankheitsbild von diesen Wirbelsäulenerkrankungen ist Morbus Bechterew, auch ankylosierende Spondylitis genannt. Die rheumatisch-entzündlichen Prozesse der Erkrankung betreffen vor allem das Kreuzdarmbeingelenk: Dieses Gelenk verbindet Becken und Wirbelsäule. Deshalb werden die starken, tiefsitzenden Rückenschmerzen auch als Gesäßschmerz wahrgenommen – und häufig zunächst mit den Bandscheiben in Verbindung gebracht. Die haben jedoch mit diesen Rückenschmerzen nichts zu tun. „Die entzündlichen Schmerzen treten vornehmlich nachts oder am frühen Morgen auf, bessern sich aber bei Bewegung. Damit unterscheiden sich diese Schmerzen von anderen Rückenschmerzen wie zum Beispiel von Bandscheibenproblemen. Diese mechanischen Rückenschmerzen treten eher nachmittags auf und bleiben auch, wenn sich der Patient bewegt“, erläutert die Rheumatologin Dr. Kiltz.

Die Ursache von rheumatisch-entzündlichen Erkrankungen wie Morbus Bechterew ist eine Autoimmunreaktion: Durch eine Fehlsteuerung greift das Immunsystem körpereigenes Gewebe wie etwa die Gelenke an. Dadurch kommt es dort zu Entzündungen und Schmerzen. Die Betroffenen leiden außerdem meist unter Müdigkeit und Abgeschlagenheit.

Welche Therapie die Rückenschmerzen lindern kann

Auch wenn der Gedanke an Sport bei Rückenschmerzen zunächst absurd erscheint: Er ist eine der beiden Säulen bei der Behandlung entzündlicher Rückenschmerzen. „Dazu gehört Bewegungstherapie, also ein Herzkreislauf-Training, um die Ausdauer zu steigern, plus Muskeltraining, um das Knochengerüst zu stärken sowie Übungen zum Erhalt der Beweglichkeit“, erklärt Dr. Kiltz. Die zweite Säule ist die Therapie mit Medikamenten, bei der die Ärztin schrittweise vorgeht: „Zu Beginn geben wir zwei Wochen lang ein NSAR in der Höchstdosis. Unter dem Begriff NSAR, also nicht steroidale Antirheumatika, werden Medikamente zusammengefasst, die schmerzlindernd und entzündungshemmend wirken. Hilft das erste NSAR nicht, wird genauso lange mit einem zweiten NSAR versucht, die Schmerzen zu lindern.“ Grundsätzlich wichtig ist hierbei natürlich, dass die entzündungshemmenden Schmerzmittel nicht in Eigenregie, sondern nur in der von Arzt oder Ärztin verordneten Dosierung eingenommen werden.

Die Joker bei der medikamentösen Therapie

Doch was, wenn sich die Rückenschmerzen mit den entzündungshemmenden Schmerzmitteln nicht eindämmen lassen? Das ist laut Dr. Kiltz tatsächlich bei etwa zwei Drittel der Erkrankten der Fall und ein Zeichen dafür, dass die Krankheitsaktivität nach wie vor hoch ist: Die Entzündungsherde an den Wirbelsäulengelenken sind noch aktiv. Und gerade diese Entzündungsprozesse können auf Dauer zu bleibenden Veränderungen und Versteifungen an der Wirbelsäule führen. Um dies zu verhindern und die Schmerzen einzudämmen, kann im nächsten Schritt ein Biologikum verordnet werden. „Diese im Labor hergestellten Antikörper, Eiweiße wie etwa TNF-Blocker oder Interleukin-17-Hemmer, blockieren bestimmte Botenstoffe im Körper und bekämpfen so insgesamt die Entzündung im Körper,“ berichtet Dr. Kiltz. Die Expertin weiter: „Diese Immunsuppressiva sind seit Jahren auf dem Markt, gut erforscht und das Nutzen-Risiko-Verhältnis ist ausgewogen. Sie sind also im Allgemeinen gut verträglich.“ Um die schmerzhaften rheumatischen Entzündungen dauerhaft einzudämmen, sei es jedoch wichtig, das Biologikum dauerhaft und ohne Unterbrechungen einzunehmen – und natürlich die zweite Therapiesäule nicht zu vernachlässigen: Bewegung und Physiotherapie.

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