Bluthochdruck: Millionen Kranke durch neue Grenzwerte
Mediziner kritisieren die mögliche Senkung der Grenzwerte für Bluthochdruck auf 130/80 mmHg nach US-Vorbild. In Deutschland würde die Zahl der Patienten um vier Millionen steigen.
Düsseldorf. Durch die Übernahme neuer Grenzwerte für Bluthochdruck könnte die Zahl der Patienten hierzulande über Nacht um bis zu 4,2 Millionen steigen. Der Arzneimittelexperte Gerd Glaeske von der Uni Bremen warnt vor diesem Schritt. „Ich halte die Senkung nicht für unproblematisch“, so Glaeske im Gespräch mit unserer Zeitung. „Eine Übertherapie sollte dringend vermieden werden.“
Weil ein hoher Blutdruck Herzinfarkte und Schlaganfälle auslösen kann, haben die Ärzte in den USA strengere Grenzwerte festgelegt. Ab sofort leiden 46 statt 32 Prozent der US-Bürger unter zu hohem Blutdruck, denn ihr Wert liegt bei oder oberhalb von 130/80 mmHg (Millimeter Quecksilbersäule). Bislang lag der Wert wie hierzulande bei 140/90 mmHg. Durch die Senkung gelten nun 35 Millionen zuvor Gesunde als krank.
„Ich bin erstaunt, dass mit der neuen Definition plötzlich so viele Menschen in den USA mit der Krankheit Bluthochdruck konfrontiert werden“, sagt der Mediziner Roland Schmieder vom Universitätsklinikum Erlangen. Er wirkt an der Erstellung der Europäischen Leitlinien für Bluthochdruck mit, die im Sommer nächsten Jahres überarbeitet werden. Schmieder hält es für wahrscheinlich, dass Deutschland und Europa die Zielwerte nach unten korrigieren. Wie Glaeske sieht er allerdings die Gefahr der Übertherapie.