Gerichtsurteil : Arzt darf Befund von Fachkollegen vertrauen
Frankfurt/Main Überweist ein Arzt einen Patienten an Spezialisten, profitiert der Patient in der Regel von deren Expertise auf dem Fachgebiet. Doch wie sehr dürfen Ärzte sich auf das Urteil anderer verlassen?
Bei vielen Beschwerden untersuchen Ärzte unterschiedlicher Fachrichtungen den Patienten. Ein Mediziner darf in der Regel auf die Richtigkeit der Befunde des anderen Facharztes, an den er seinen Patienten überwiesen hat, vertrauen. Das zeigt ein Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (Az.: 8 U 59/17), auf das die Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) hinweist.
Zwar muss der Arzt prüfen, ob die Befunde des Kollegen plausibel sind und keine offensichtlichen Mängel aufweisen. Das bedeutet aber nicht, dass eine gegenseitige Überwachungspflicht besteht, heißt es.
Schmerzen nach Sturz
Im konkreten Fall hatte eine Frau auf Schmerzensgeld und Schadenersatz wegen Behandlungsfehlern geklagt. Sie hatte vier implantierte Schrauben in der Wirbelsäule und litt nach einem Sturz unter Rückenschmerzen. Sie ging zum Orthopäden, der sie zum Röntgen weiter zu einem Radiologen überwies. Dieser stellte nach Ansicht der Bilder keine Schäden am Material der Schrauben fest. Der Orthopäde teilte die Einschätzung.
Als die Frau ein Jahr später weiter unter Schmerzen litt, untersuchten beide sie erneut und gelangten zum selben Ergebnis. Sie ging in ein Krankenhaus - dort stellten Ärzte einen Materialbruch der Schraube fest. Die Frau wurde operiert, die Schmerzen blieben.
Aus ihrer Sicht war das eine Folge einer dauerhaften Reizung des Nervs durch die gebrochene Schraube. Hätte man das eher erkannt und sofort operiert, wäre es nicht zu der Reizung gekommen, argumentierte sie - und klagte. Ohne Erfolg allerdings.