Apfelernte im Mondschein: „Die schmecken besser“

Hollern (dpa) - Bei Vollmond wälzen sich manche Menschen schlaflos im Bett. Andere wollen in der Nacht bewusst nicht zur Ruhe kommen. Sie brauen Bier, produzieren Salami oder ernten Mondäpfel - so wie der Biobauer Claus-Peter Münch im Alten Land.

Einmal im Jahr macht sich der Apfelbauer Claus-Peter Münch zu einer ungewöhnlichen Zeit an die Arbeit. Dann wenn seine Nachbarn längst gemütlich beim Abendessen sitzen, stapfen er und 50 Erntehelfer durch die Plantagen. Im Dunkeln pflücken sie die Äpfel von den Bäumen - nur der Vollmond und Stirnlampen sorgen für etwas Licht. Denn die Äpfel, die Münch in dieser Nacht erntet, sind etwas Besonderes: Es sind Mondäpfel.

„Sie schmecken einen kleinen Tick besser“, findet Münch. Seit 30 Jahren baut der Landwirt Bio-Äpfel in Hollern im Alten Land an, auf 75 Hektar wachsen hier Jonagold, Elstar, Holsteiner Cox und andere Sorten. Seit 2005 bieten der 52-Jährige und einige andere Bio-Höfe in dem Anbaugebiet an der Elbe südlich von Hamburg auch Mondäpfel an - allerdings nicht immer alle. Denn wenn der Erntetermin ungünstig liegt, lohnt sich die aufwendige Aktion für manche Betriebe nicht.

Bis zum Morgengrauen müssen die Mondscheinpflücker auf Münchs Hof ackern. Denn es gibt nur diese eine Nacht für die diesjährige Ernte, da sollte der Ertrag möglichst groß ausfallen. Am nächsten Morgen ist Münch zufrieden. „Meine Leute waren sehr fleißig.“ 67 000 Kilo Jonagold und Jonagored haben sie von den Bäumen geholt. Anders als die herkömmlich gepflückten Äpfel sehen diese jedoch nicht aus. Auch beim Anbau läuft alles gleich.

Dennoch sind die Mondäpfel heiß begehrt. Eine Supermarktkette kauft jedes Jahr den Großteil von Münchs Ernte auf. Sie wird in den kommenden Tagen in den Handel kommen. „Die Nachfrage ist groß. Die Kunden fragen jetzt schon nach, wann die Mondäpfel endlich wieder kommen“, erläutert eine Sprecherin. Mancher mag das für Spinnerei halten.

Mond-Fans sind dagegen von der besonderen Kraft des Himmelskörpers überzeugt. Schließlich bringt er bei Ebbe und Flut große Wassermassen in Bewegung. Wieso sollte er dann nicht auch auf Menschen, Tiere und Pflanzen wirken? Haare schneiden, Kartoffeln pflanzen, Operationen oder Holz schlagen - das alles soll besser gelingen, wenn man sich nach den Mondphasen richtet. Aber wissenschaftlich ist das umstritten.

Für Udo Deister trotzdem kein Grund, nicht daran zu glauben. „Ich kann nicht alles nachvollziehen, aber meine Erfahrung hat das bestätigt.“ Seit 16 Jahren fällt der Forstwirt aus Uetze bei Hannover Bäume nach dem Mondkalender. „Brennholz sollte man zum Beispiel immer zum Neumond schlagen, weil dann der Saftstrom des Baumes ruht. Es trocknet schneller und schimmelt nicht.“

Ob Vollmond-Wasser, -Käse, -Bier, -Wein, -Salami oder -Kosmetik - die Produktauswahl für Mond-Schwärmer ist vielfältig. Oft handelt es sich dabei um kleine Hersteller, die damit eine Nische abdecken. Dazu zählt auch das kleine Weingut von Matthias Kirmann in Westerhausen, einem Örtchen im nördlichen Harzvorland von Sachsen-Anhalt. Der Chef schwört auf seinen bei Vollmond gelesenen Wein. „Der schmeckt filigraner.“ Aber ob das wirklich am Mond liegt? „Das hängt wahrscheinlich eher mit der Nacht zusammen“, glaubt er.

Der Agrarwissenschaftler Hartmut Spieß hat sich für seine Habilitation viele Jahre mit der Wirkung des Mondes auf das Wachstum von Pflanzen beschäftigt. Auf dem Dottenfelderhof im hessischen Bad Vilbel teste er unter anderem Roggen, Möhren, Kartoffeln und Radieschen. Sein Ergebnis: „Die kurz vor Vollmond gesäten Möhren hatten 14 Prozent mehr Ertrag. Auch die Keimfähigkeit von Roggen war erhöht.“

Doch die Wirkung des Mondes für den Gemüseanbau will der Experte nicht überschätzen. Witterung und Bodenbeschaffenheit spielen seiner Ansicht nach eine viel größere Rolle. Und einen Einfluss auf den Geschmack konnte er trotz der jahrelangen Tests nicht feststellen. „Das ist wohl eher subjektives Empfinden.“

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