AOK-Report: Lebenskrisen belasten Leistungsfähigkeit

Berlin. Mehr als die Hälfte der Erwerbstätigen in Deutschland war in den letzten fünf Jahren von persönlichen Lebenskrisen betroffen, die häufig auch zu Einschränkungen ihrer beruflichen Leistungsfähigkeit geführt haben.

Psychische Erkrankungen nahmen in den letzten zehn Jahren um fast 80 Prozent zu. Unklar ist, in welchem Maße dabei persönliche Lebenskrisen eine Rolle spielen.

Psychische Erkrankungen nahmen in den letzten zehn Jahren um fast 80 Prozent zu. Unklar ist, in welchem Maße dabei persönliche Lebenskrisen eine Rolle spielen.

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Was das für die Unternehmen bedeutet, hat der am Donnerstag veröffentliche Fehlzeiten-Report der Krankenkasse AOK untersucht. Nachfolgend die wichtigsten Fragen und Antworten:

Im Allgemeinen handelt es sich um Lebensphasen, die außerhalb der alltäglichen Sorgen und Probleme eine besondere Belastung darstellen. Nach einer repräsentativen AOK-Umfrage unter bundesweit 2000 Beschäftigten zwischen 16 und 65 Jahren wurden am häufigsten „schwere Erkrankungen in der Familie“ (13,8 Prozent), sowie „belastende Konflikte im privaten Umfeld“ (13,4 Prozent) und der Tod des Partners beziehungsweise eines nahen Verwandten (10,2 Prozent) genannt. Mit zunehmendem Alter steigt der Anteil der Betroffenen. Während gut ein Drittel der Beschäftigten bis 30 bereits mit solchen Situationen konfrontiert war, liegt der Anteil der Betroffenen in der Altersgruppe zwischen 50 und 65 fast doppelt so hoch.

Die Auswirkungen einer Lebenskrise sind erheblich: Bei 79 Prozent der Befragten legte sich die außerordentliche Belastung auf die Psyche. Knapp 59 Prozent berichteten von körperlichen Problemen wie zum Beispiel Rückenschmerzen. In der Folge fühlte sich gut jeder zweite Betroffene in seiner beruflichen Leistungsfähigkeit eingeschränkt. Ähnlich viele, nämlich knapp 49 Prozent, gaben an, trotz einer entsprechenden Erkrankung weiter gearbeitet zu haben. Mehr als ein Drittel war wegen der persönlichen Umstände mit seiner Arbeit unzufrieden.

Das vermag der AOK-Report nicht eindeutig zu sagen. Fest steht, dass sich der allgemeine Krankenstand in den letzten beiden Jahren kaum verändert hat. 2016 war ein AOK-Versicherter im Schnitt 19,4 Kalendertage krankgeschrieben. Wie schon bei zahlreichen früheren Untersuchungen wurde aber ein starkes Anwachsen psychischer Erkrankungen festgestellt. Sie nahmen in den letzten zehn Jahren um fast 80 Prozent zu. Unklar ist, in welchem Maße dabei persönliche Lebenskrisen eine Rolle spielen. Das gilt auch im Hinblick auf Muskel- und Skelett-Erkrankungen, die 2016 mit einem Anteil von fast 23 Prozent die meisten Krankheitstage unter den 12,5 Millionen erwerbstätigen AOK-Versicherten verursachten.

Immerhin mehr als 80 Prozent der Betroffenen haben laut Umfrage ihre Krise im Betrieb angesprochen — und stießen dabei insbesondere in größeren Unternehmen auf viel Verständnis. Rund die Hälfte redete darüber auch mit dem unmittelbaren Vorgesetzten. Etwa jeder dritte Betroffene bekam die Möglichkeit flexibler Arbeitszeiten und jeder Vierte konnte auf unbezahlten Urlaub zurückgreifen. Nachholbedarf haben dagegen kleinere Betriebe mit bis zu zehn Mitarbeitern.

Angebote wie ein klärendes Gespräch mit dem Vorgesetzten kämen hier nicht Tragen, so die Studie. Dabei sorgt allein schon der demographische Wandel dafür, dass die Belegschaften älter werden und die Lebenskrisen sich entsprechend häufen. Also müssten sich die Unternehmen damit auch stärker auseinandersetzen, verlangte AOK-Chef Martin Litsch. Letztlich gehe es auch darum, „gesunde und leistungsfähige Fachkräfte dauerhaft an das Unternehmen zu binden“, ergänzte Studienautor Helmut Schröder.

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