Ärzte müssen Risiken aufzeigen

Aus Respekt fordern viele Patienten nicht ihr Recht ein. Sie vertrauen den Medizinern blindlings.

Düsseldorf. Die selbstsichersten Menschen werden beim Arzt plötzlich ganz klein und unmündig. Blind folgen sie dem ärztlichen Ratschlag und lassen sich von dem Mediziner auch mal über den Mund fahren. Noch immer haftet dem Berufsstand des Arztes etwas Unfehlbares an.

"Es ist ein spezielles Verhältnis zwischen Patient und Arzt, vor allem was den Wissensstand angeht", sagt Kai V ogel, Gesundheitsexperte bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Der Patient ist als Laie zwar auf den Arzt angewiesen, sollte dennoch nicht alles hinnehmen in puncto ärztlicher Beratung, empfohlener Therapie und zögerlicher Akteneinsicht. Denn es gibt klar definierte Patientenrechte. "Diese sollte man selbstbewusst und hartnäckig einfordern", rät Vogel.

"Ein Großteil unserer Anfragen hat mit dem Einsichtsrecht in die Krankenakte zu tun", sagt Edeltraud Paul-Bauer von der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD), regionale Beratungsstelle Bremen-Nordniedersachsen. Wer seine Röntgenbilder, Arztberichte oder Testergebnisse einsehen möchte, wird oft mit der Aussage abgespeist, dass dies nicht üblich ist.

Dabei habe der Patient einen gesetzlichen Anspruch darauf. Sogar Kopien darf er verlangen. Werden die Dokumente dann doch herausgegeben, seien sie oft nicht vollständig. Paul-Bauer rät, die Unterlagen schriftlich anzufordern. "Das fällt einem meist leichter als sich mündlich vor dem Arzt zu behaupten."

Schon um eine Zweitmeinung einzuholen, sollte man über seine Krankenakte verfügen, um Untersuchungen nicht doppelt machen zu müssen. Auch hier sind sich viele Patienten unsicher, was sie dürfen und was nicht.

Geldtipp

Bei einem komplizierteren gesundheitlichen Problem ist es vertretbar, sich eine Zweitmeinung einzuholen. Darüber sollte man offen mit dem Arzt sprechen. Dieser kann eine Überweisung zu einem Kollegen ausstellen. Doch auch ohne ein solches Formular, kann man einen anderen Mediziner aufsuchen. Man muss dann aber ein weiteres Mal die Praxisgebühr bezahlen.

"Bei Unklarheiten spricht auch nichts dagegen, einen dritten oder vierten Arzt aufzusuchen", sagt Vogel. Auf der Versicherungs-Chipkarte sei nicht gespeichert, wie viele Ärzte man konsultiert habe. "Diese enthält nur reine Verwaltungsdaten, wie Name, Adresse und Angaben zur Krankenkasse."

Ein Thema, mit dem Verbraucherschützer zunehmend konfrontiert werden, sind private Zusatzleistungen, die Ärzte direkt mit ihren Patienten abrechnen - sogenannte individuelle Gesundheitsleistungen, kurz IGeL genannt. Dahinter verbergen sich oft zusätzliche Vorsorgeuntersuchungen oder Gesundheits-Checks, die die Kasse nicht bezahlt.

"Oft fehlt hier die nötige Aufklärung des Patienten durch den Arzt", sagt Vogel. Viele Mediziner würden zudem ohne Rechnung bar abrechnen. "Eine schriftliche Vereinbarung und eine genaue Rechnung sind jedoch Pflicht."

Mit der Aufklärungspflicht nähmen es viele Mediziner ohnehin nicht sehr genau, so Paul-Bauer. Oft versäumten sie es, eine angeratene Therapie mit allen Risiken und Nebenwirkungen genau zu erläutern. Auch der Hinweis auf mögliche Alternativen gehöre dazu. "Besonders beim Zahnarzt wird kaum Aufklärung betrieben", sagt die Patientenberaterin. Hier werde oft die teuerste Methode als die einzige verkauft.

Wer sich als Patient dann gegen den Ratschlag des Arztes stellt, ist schnell unten durch. "Die Kommunikation zwischen Mediziner und Patient auf gleicher Augenhöhe ist oft nicht gerne gesehen", so Patientenberaterin Paul-Bauer. Ein gewichtiger Grund, den Arzt zu wechseln.

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