Wie Selbstständige einen Baukredit bekommen

Berlin (dpa/tmn) - Ob bauen oder kaufen - die eigene Immobilie kostet viel Geld. Ohne Kredit von der Bank geht das in der Regel nicht. Für Selbstständige kann eine Finanzierung besonders schwierig werden.

Mit der richtigen Strategie kommen aber auch sie ans Ziel.

Die eigenen vier Wände sind der Traum vieler Deutscher. Doch eine Berufsgruppe hat es besonders schwer: Selbstständige. Sie werden von Banken besonders kritisch unter die Lupe genommen. Es scheitert oft schon an den Grundvoraussetzungen.

Ein ausreichendes Einkommen, ein sicherer Job und ein hoher Anteil Eigenkapital sind die besten Voraussetzungen, um einen Immobilienkredit zu bekommen. „Doch viele Selbstständige erfüllen gerade diese Grundvoraussetzungen nicht“, sagt Jörg Sahr, Finanzierungsexperte bei Stiftung Warentest in Berlin. Denn der Selbstständigkeit ist - zumindest aus Bankensicht - die Pleite immanent. Die Berufsgruppe gelte als unsicher, zudem schwanke das Einkommen häufig, und ein großer Teil des Vermögens stecke bereits im eigenen Unternehmen und fehle daher beim Eigenkapital.

Die Dauer der Selbstständigkeit und die Branche seien weitere Kriterien, auf welche die Banken besonders schauen, bevor sie einen Kredit vergeben, sagt Eike Schulze, Autor eines Ratgebers zur Immobilienfinanzierung. Diese Faktoren fließen neben dem Eigenkapitalanteil und der Höhe des Einkommens mit in das Risikoprofil, welches die Banken für potenzielle Kunden erstellen. „Wer seit fünf Jahren oder mehr ein eigenes Unternehmen führt, hat bei Banken relativ gute Chancen.“ Existenzgründer und Unternehmer, die erst seit ein, zwei Jahren auf dem Markt sind, seien dagegen fast chancenlos.

Am besten stehen laut Schulz die „freien Berufe“ dar. Ärzte, Apotheker und Rechtsanwälte seien bei Banken wenigstens genauso willkommen wie Angestellte und würden teils sogar hofiert. Anders dagegen „kleine Selbstständige“ wie Webdesigner, Hebammen und Physiotherapeuten. Aufgrund des meist geringeren Einkommens seien sie für Banken riskanter. Restaurantbesitzer und Handelsvertreter rangierten ganz unten auf der Beliebtheitsskala der Banken.

„Daneben stehen sich viele Selbstständige selbst im Weg“, weiß Olaf Varlemann, Baufinanzierungsberater der Baufi-Nord, einem Zusammenschluss von 28 selbstständigen Baufinanzierungsberatern mit Sitz in Steinburg in Schleswig-Holstein. Damit sie möglichst wenig Steuern zahlen müssen, rechneten sie sich für das Finanzamt arm. Beantragen Apotheker, Handwerker und Gewerbetreibende dann einen Hauskredit, erweise sich diese Strategie oft als Eigentor. Denn auf dem Papier erfüllen sie die Minimalvoraussetzungen nicht. Und der Hinweis, dass in der Bilanz nur die Hälfte der Einkünfte drin stehe, ist wenig hilfreich.

„Der erste und wichtigste Schritt für viele Selbstständige ist daher, die Finanzen in Ordnung zu bringen“, sagt Varlemann. Stimmen die Grundvoraussetzungen, brauchen Selbstständige mitunter einen langen Atem. „Lassen Sie sich nicht entmutigen, wenn Sie mehrfach abblitzen“, empfiehlt Sahr. Laut Stiftung Warentest-Test schwanken die K.O.-Kriterien der Banken erheblich. In einem bundesweiten Test von 100 Banken habe Stiftung Warentest sogar Institute gefunden, die auch solchen Selbstständigen einen Kredit geben, die erst seit einem Jahr am Markt sind.

Auch die Konditionen schwanken erheblich. So erhoben viele Banken bei Selbstständigen einen Risikoaufschlag von rund 0,3 Prozent. Die besten Chancen, einen Kredit zu bekommen, hätten Selbstständige daher bei Vermittlungsgesellschaften. „Die arbeiten mit Dutzenden Banken zusammen und können die besten Angebote heraussuchen.“

Laut Varlemann kann sich eine Kreditaufnahme derzeit lohnen. „Die Geschäfte für Banken laufen schlecht, der Wettbewerb unter den Finanzinstituten ist groß, da haben auch Selbstständige bessere Chancen, einen Kredit zu bekommen.“ Finanzierungen seien schon ab 3,4 Prozent bei zehn Jahren Laufzeit möglich. Ratsam sei aber besonders für Selbstständige eine längere Laufzeit. „Das Zinsniveau ist derzeit so niedrig, idealerweise wählt man eine Laufzeit von 30 Jahren. Das kostet zwar etwas mehr, aber dafür hat man die Sicherheit.“

Denn auch bei der Kreditverlängerung würden Selbstständige anders behandelt als Angestellte. Liefen etwa die Geschäfte ausgerechnet im Jahr vor dem Ablauf der letzten Finanzierung schlecht, könne es mit der Verlängerung ernsthafte Probleme geben.

Noch wichtiger als eine lange Laufzeit ist aber Flexibilität: Man sollte die Pflichttilgung besonders niedrig halten, aber sich das Recht auf Sondertilgungen sichern, empfiehlt Sahr. Möglich sei auch ein variabler Tilgungssatz von ein bis zehn Prozent. Auf diese Weise seien Selbstständige immer in der Lage, den Hauskredit zu bedienen, auch wenn die Geschäfte mal für ein halbes Jahr schlechter laufen.

Literatur:

Schulze, Eike/Stein, Anette: Immobilien- und Baufinanzierung, Haufe, 18,80 Euro, ISBN-13: 978-3-648-01284-0

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