Testament und Co.: Streit ums Erbe verhindern

Berlin (dpa) - Krach unter Erben ist keine Seltenheit. Doch das muss nicht sein. Frust staut sich erst gar nicht auf, wenn Betroffene die gesetzlichen Regeln kennen - zum Beispiel für ein gültiges Testament und über das neue Erbrecht für nichteheliche Kinder.

Bei jeder sechsten Erbschaft in Deutschland (17 Prozent) gibt es Streit unter den Hinterbliebenen. Als häufigste Ursache nannten die Befragten, dass „einige Erben sich benachteiligt fühlten“ (73 Prozent). Das geht aus einer Studie des Instituts für Demoskopie Allensbach im Auftrag der Postbank hervor. 57 Prozent aus dieser Gruppe berichteten, die Hinterbliebenen seien schon vor dem Erbfall zerstritten gewesen. Etwa jeder Zweite nannte die Entstehung einer Erbengemeinschaft (52 Prozent) und ein fehlendes gültiges Testament (47 Prozent) als Streitursache. Die gesetzlichen Regeln zu Erbschaften sind vielen nicht bekannt. Die Umfrage zeigte große Wissenslücken. So glauben lediglich 50 Prozent der Befragten, über die gesetzliche Erbfolge „recht gut Bescheid“ zu wissen. 42 Prozent sagen dies über ihre Kenntnisse über Testamente.

Wann ist ein Testament gültig?

Ein selbst verfasstes Testament muss handschriftlich vorliegen, sonst ist es ungültig. „Einige machen den Fehler: Sie drucken sich Formulierungsvorschläge aus dem Internet aus und unterschreiben diese. Das reicht nicht“, warnt der Berliner Notar und Rechtsanwalt Ulrich Schellenberg. Er ist Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft Erbrecht des Deutschen Anwaltverein (DAV). Alternativ kann das Testament als Urkunde vom Notar angefertigt werden. Die ausgedruckte Version muss dann aber auch unterschrieben werden.

Warum ist es besser, einen Fachmann zu Rate zu ziehen?

Wer sein Testament ohne fachliche Hilfe schreibt, muss juristische Begriffe korrekt verwenden. Zum Beispiel bestimmten die Wörter „Vorerbe“ und „Nacherbe“ eben gerade nicht, dass das Vermögen zunächst ohne Beschränkung auf die Ehefrau übergeht und erst nach deren Tod an die Kinder. Will man die Ehefrau zur uneingeschränkten Vollerbin machen, wären die richtigen Vokabeln in diesem Fall „Erbe“ und „Schlusserbe“. Ein weiteres Problem seien falsche Vorstellungen von Rechtsgrundlagen. Der Bruder habe etwa keinen Anspruch auf einen Pflichtteil, und der Ehepartner bekomme nicht automatisch alles, wenn kein Testament aufgesetzt wurde. Rechtsanwalt Ulrich Schellenberg empfiehlt daher, einen Experten um Rat zu bitten, „damit das Gericht nach dem Tod noch versteht, was man wollte“.

Was kostet das?

Die amtlichen Gebühren eines Notars seien vergleichsweise gering, mit Anwälten könne meist verhandelt werden, sagt Schellenberg. Für ein erstes Gespräch mit dem Anwalt liege die Obergrenze bei 190 Euro. Für eine notarielle Anfertigung spreche außerdem, dass das Testament beim Amtsgericht hinterlegt wird und somit auf jeden Fall nach dem Tod auftaucht. Bei zu vererbendem Grundbesitz würden so auch Kosten für das Erbscheinsverfahren zur Änderung im Grundbuch gespart, die sonst für die Erben anfallen. Typische Fälle, in denen ein fehlendes Testament zu Problemen führt, sind nach Schellenbergs Angaben Lebensgemeinschaften wie Patchwork-Familien oder Pflegekinder, die nicht automatisch erben.

Was besagt das neue Erbrecht für nichteheliche Kinder?

Nichteheliche Kinder werden im Erbrecht jetzt genauso wie eheliche Kinder behandelt - unabhängig davon, wann sie geboren wurden. Dies bedeute, dass sie auch gegenüber ihren nichtehelichen Vätern erb- und pflichtteilsberechtigt sind, erklärt Paul Grötsch, Geschäftsführer des Deutschen Forums für Erbrecht. Nichteheliche Kinder sollten daher prüfen lassen, ob die Vaterschaft rechtlich feststehe. „Denn zwingende Voraussetzung für eine Erbberechtigung jedes nichtehelichen Kindes ist, dass der Vater die Vaterschaft entweder formell anerkannt hat oder die Vaterschaft vom Gericht festgestellt wurde“, sagt Grötsch. Wirkt der Vater dabei nicht freiwillig mit, bleibe dem nichtehelichen Kind die Möglichkeit, die gerichtliche Feststellung zu beantragen.

Hintergrund ist eine Gesetzesänderung, die seit Mitte April in Kraft ist. Damit wurden nichteheliche Kinder, die vor dem 1.7.1949 geboren wurden, ehelichen Kinder gleichgestellt. Bisher waren die betroffenen Kinder nicht erbberechtigt, wenn der Vater zum Zeitpunkt der Wiedervereinigung seinen Wohnsitz in den alten Bundesländern hatte. Das neue Recht gilt für alle Erbfälle ab dem 29.5.2009.

Warum wird das Erbe auf Hartz IV angerechnet?

Erben Hartz-IV-Empfänger, wird das geerbte Geld angerechnet. Die staatlichen Leistungen werden dann entsprechend gekürzt, entschied das Sozialgericht Koblenz (Aktenzeichen: S 6 AS 1070/08). Im verhandelten Fall hatte eine Hartz-IV-Empfängerin rund 6500 Euro geerbt. Die Arbeitsagentur kürzte daraufhin ihre Leistungen, da die Erbschaft als Einkommen anzurechnen sei. Die Erbschaftssumme sei auf einen Zeitraum von zwölf Monaten aufzuteilen und als monatliches Einkommen in Höhe von knapp 545 Euro zu berücksichtigen.

Die Frau dagegen argumentierte, die Erbschaft stelle kein Einkommen dar, vielmehr handele es sich um nicht anrechenbares Vermögen. Vor Gericht hatte sie damit keinen Erfolg. Bei der Erbschaft handele es sich nicht um Vermögen, urteilten die Richter. Als Vermögen werde all das bezeichnet, was der Betreffende zu dem Zeitpunkt besitze, an dem der Bezug von Leistungen einsetze. Einkommen dagegen sei all das, was jemand in der Bedarfszeit wertmäßig zusätzlich erhalte.

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