Branche unter Druck : Paket-Ärger im Online-Handel - immer mehr Beschwerden
Düsseldorf (dpa) - Im Zustell-Stress warf der Bote das kostbare Paket durch ein geöffnetes Fenster beim Empfänger - leider landete es auf der anderen Seite im Badezimmer und ausgerechnet auf dem Klo.
Zum Glück war wenigstens der Deckel geschlossen.
In der heftig boomenden Versandbranche werden Paketboten von den immer weiter wachsenden Sendungsmengen schier überrollt. Sie verspäten sich trotz Ankündigung um Stunden oder kommen gar nicht, beschädigen Pakete beim Hin- und Herräumen oder geben Sendungen am falschen Ort ab, wie Iwona Husemann von der Verbraucherzentrale NRW berichtet. Der Zorn der Kunden wächst, im Weihnachtsgeschäft dürften bei manchen Empfängern die Nerven blank liegen.
Die Verbraucherzentrale hat unter dem Stichwort „Paket-Ärger“ knapp zwei Jahre lang ein Beschwerde-Portal für verärgerte Kunden geführt. In der Zeit sammelten sich rund 21 000 meist wütende Mails. Beschädigte oder verschwundene Pakete, verspätete Lieferungen, Pakete einfach in den Hausflur gestellt, Benachrichtigungskarte im Briefkasten, obwohl jemand zu Hause ist - das sind die Punkte, die Verbraucher aufregen. „Schief geht es fast immer auf den letzten Metern zum Kunden“, sagt Husemann.
Die Bundesnetzagentur als Aufsichtsbehörde rechnet für 2017 mit rund 5000 Beschwerden zur Postzustellung. Das wäre ein Anstieg um fast ein Viertel. Die Zahl der Schlichtungsanträge in Streitfällen soll sich sogar verdreifachen. Die Aufsichtsbehörde will die Verbraucher unterstützen, ihre Befugnisse bei Missständen sind bisher allerdings begrenzt: Vorerst kann sie nur Stellungnahmen anfordern und die Beseitigung der Mängel anmahnen sowie Schlichtung anbieten, aber keine Bußgelder verhängen. „Ein zahnloser Tiger“, sagt ein Branchenkenner.
Der Boom des Online-Versandhandels hat das Paketgeschäft durcheinandergewirbelt. Branchenprimus DHL und Konkurrenten wie UPS, Hermes und DPD finden gar nicht genug Zusteller, um das enorme Marktwachstum abzudecken. „Die Sendungsmengen wachsen jährlich um 6 bis 12 Prozent“, sagt Uwe Speckenwirth, NRW-Landesfachbereichsleiter Post der Gewerkschaft Verdi. „In dem Ausmaß wird mit Sicherheit nicht eingestellt.“ So würden Zustellbezirke größer und größer, zugleich wachse der Krankenstand - „ein Knochenjob“, sagt Speckenwirth.