Nicht den Kopf in den Sand stecken - Bei Schulden schnell handeln

Düsseldorf (dpa/tmn) - Den Überblick über die eigenen Finanzen zu behalten, ist mitunter schwierig. Manchmal gerät das Ganze aus den Fugen. Dann heißt es, rasch zu reagieren. So bekommen Verbraucher die Finanzen wieder in den Griff.

Eigentlich darf es gar nicht so weit kommen: Einen Kredit mit hohen Zinsen schließt ein schlauer Mensch nicht ab. Vom unüberschaubar langen Handy-Vertrag lässt er genauso die Finger wie von ewigen Ratenzahlungen für ein Auto. Doch viel zu häufig lassen sich Verbraucher verführen. Viele Menschen hätten aus diesen Gründen Schulden, sagt Pamela Wellmann von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf. „Wenn Sie bei den Nachbarn, den Freunden, den Kollegen nachfragen - das passiert jedem.“ Nur sprächen die wenigsten darüber.

„Warnzeichen sind ein dauerhaft ausgeschöpfter Dispokredit und Mahnbescheide“, sagt Wellmann. Viele Menschen machten in so einer Situation erneut Schulden, etwa durch Kreditkarten mit Teilzahlungsfunktion, sogenannte „Revolving-Kreditkarten“. Mit denen könnten sie mehrere tausend Euro ausgeben, die sie nicht sofort zurückzahlen müssten. Das kann sich im Laufe der Zeit summieren.

Astrid Albrecht kennt viele Gründe für offene Forderungen: „Schulden bei Vermietern und Energieversorgern, Darlehensverträge, Versicherungen, EC-Kartenzahlungen, Bestellungen bei Versandhäusern, Bußgelder, Handyverträge, Kita-Gebühren, Darlehen von Wohnhilfeeinrichtungen, Unterhaltsforderungen der Jugendämter“, zählt die Leiterin der Schuldner- und Insolvenzberatungsstelle der Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt in Halle (Saale) auf.

Den Kopf in den Sand zu stecken, ist an dieser Stelle allerdings falsch. „Der wichtigste Tipp ist, dass man sich frühzeitig kümmert, wenn man Schwierigkeiten hat“, rät Wellmann. Mahnungen dürften nicht in der Schublade verschwinden. Nicht jeder Bescheid sei auch berechtigt. Innerhalb einer Frist könne der Schuldner Widerspruch einlegen - und so eventuell weitere Schulden vermeiden. Ein regelmäßig geführtes Haushaltsbuch helfe Verbrauchern, einen Überblick über ihre monatlichen Ausgaben und mögliches Sparpotenzial zu erhalten.

Zunächst sollte der Schuldner seine Rechnungen, Mahnungen und Bußgeldbescheide sortieren. Dabei achtet man besser nicht nur auf die Höhe der ausstehenden Zahlungen, sondern auch die Wichtigkeit der Gläubiger. „Die Existenzsicherung muss im Vordergrund stehen“, sagt Albrecht. Miet- und Stromschulden hätten gegenüber Versandhausrechnungen in der Regel Vorrang.

Im Zweifel ist professionelle Hilfe nötig. Diese bieten etwa Verbraucherzentralen und Schuldnerberatungsstellen. Bei einer Versandhausrechnung von beispielsweise 800 Euro werde zunächst geprüft, wie alt die Forderung sei und in welcher Höhe in der Vergangenheit Zahlungen flossen. Sofern der Schuldner Geld gespart habe, das er entbehren könne, lasse sich das Versandhaus möglicherweise auf Teil- oder Ratenzahlungen ein. „Eventuell kann man eine Einmalzahlung von 30 Prozent erreichen und damit ist die Forderung abgegolten“, sagt Albrecht. Oder man vereinbare eine Ratenzahlung. Hierbei müsse der Schuldner darauf achten, dass die bestehende Summe wirklich festgeschrieben werde, also nicht durch Zinsen wachse.

Kümmert sich der Verbraucher zu spät und haben sich zu viele Schulden aufgehäuft, um sie aus eigener Kraft zu bezahlen, bleibt oft nur ein Weg: das Verbraucherinsolvenzverfahren. „Das ist eine Zwangseinigung zwischen Schuldnern und Gläubigern“, erklärt Thomas Zipf von der Landesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung Hessen in Darmstadt.

Das Verfahren bestehe aus vier Schritten. „Als Erstes muss der Verbraucher einen ernsthaften Versuch der außergerichtlichen Einigung mit seinen Gläubigern nachweisen.“ Die Bescheinigung erhalte er bei zugelassenen Insolvenzstellen wie Schuldnerberatungen oder Rechtsanwälten. Dafür müsse der Verbraucher alle Außenstände auflisten und sich verpflichten, keine neuen Schulden zu machen. Gelinge die Einigung, sei kein Insolvenzverfahren nötig.

Schritt Nummer zwei: Gerichtlich unterstützter Schuldenbereinigungsplan. „Diese Stufe kann auch ausgelassen werden“, sagt Zipf. In vielen Fällen werde der Plan nämlich schon vor der Beantragung des Verfahrens aufgestellt und als nicht durchführbar eingeschätzt.

Als nächstes werde ein gerichtliches Insolvenzverfahren eingeleitet. Der Schuldner bekomme einen Treuhänder zugewiesen, der alle Forderungen aufliste und das pfändbare Vermögen und Einkommen einziehe. „Ab dem Tag der Verfahrenseröffnung beginnt eine sechsjährige Phase“, sagt Zipf. In dieser Zeit ziehe der Treuhänder weiter einen Teil des Einkommens ein. Der Schuldner sei verpflichtet, einer Arbeit nachzugehen, die seiner Qualifikation entspreche. Sei er arbeitslos, müsse er zumindest nachweisen, dass er ernsthaft einen neuen Job suche. Anschließend sei der Verbraucher in aller Regel schuldenfrei.

Service:

„Geschafft: Schuldenfrei! Tipps und Hilfestellungen“, (6. Auflage 2012) 216 Seiten, 9,90 Euro. Zu Bestellen online über die Verbraucherzentrale NRW oder per Telefon 0211/3809555.

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