Gute Aussichten Gibt es Indikatoren für die Börsenentwicklung?

Stuttgart (dpa/tmn) - Man stelle sich vor: Aktionär zu sein - und keine Angst vor Kurseinbrüchen und Verlusten zu haben. Nicht, weil man so reich wäre. Sondern weil man immer schon vorher wüsste, wann die Kurse ins Straucheln kommen, und entsprechend frühzeitig verkaufen kann.

Gute Aussichten: Gibt es Indikatoren für die Börsenentwicklung?
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Klingt zu schön, um wahr zu sein. Oder gibt es tatsächlich Indikatoren, die verraten, wie sich der Aktienmarkt entwickelt wird? Ganz eindeutig lässt sich diese Frage nicht beantworten. Es gibt aber Zusammenhänge, die Anleger beobachten können. „Zinsen und Aktien stehen in einer direkten Beziehung“, sagt Prof. Hans-Peter Burghof von der Universität Hohenheim. „Wenn die Zinsen steigen, fallen die Aktienkurse, so die Finanzmathematik.“ Umgekehrt machen niedrige Zinsen den Aktienmarkt interessanter. „Die Realität sieht oft anders aus, weil natürlich noch viele andere Faktoren, zum Beispiel veränderte Gewinnaussichten, den Kurs einer Aktie beeinflussen.“

Daher sehen andere Experten keinen Zusammenhang zwischen Zinsen und Aktienkursen. Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hat sich genau mit der Frage auseinandergesetzt. „Ab Dezember 2005 bis Juli 2008 erhöhte die Europäische Zentralbank die Leitzinsen schrittweise, parallel dazu ging es, bis auf eine Ausnahme, mit dem Dax nach oben.“ Die theoretische Regel besteht also den Praxistest in dieser Zeit nicht.

Für einige Analysten ist jedoch die sogenannte Zinsstrukturkurve ein Indikator für die Börsenentwicklung. Diese Kurve zeigt an, wie hoch die Zinsen bei langfristigen und kurzfristigen Anleihen sind. Normalerweise liegen die langfristigen über den kurzfristigen Zinsen. Problematisch werde es, wenn es andersherum ist, erklärt Stephan Albrech von der Albrech & Cie Vermögensverwaltung. „Wenn die kurzen über den langen Zinsen liegen, kam es stets zu einer Rezession. Diesen Zusammenhang hat die US-Notenbank vor einigen Jahren in einer Studie bestätigt.“

Die aktuelle Lage in den USA stuft er als nicht rosig ein. „Die Tendenz geht in die Richtung, dass die lang- und die kurzfristigen Zinsen sich immer weiter annähern. Aktuell liegt die Differenz zwischen zehn- und zweijährigen US-Anleihen bei nur noch 0,6 Prozent - und damit so niedrig wie zuletzt vor der Finanzkrise“, sagt er.

Das muss zwar nicht heißen, dass es an den Börsen nun abwärts geht, meint Albrech. Aber er rät Aktienanlegern, ein Auge auf die Zinsentwicklung zu werfen. „Doch solange die kurzfristigen Zinsen nicht über den langfristen Zinsen liegen, ist voraussichtlich keine Rezession und in deren Vorfeld kein Kurseinbruch zu befürchten“.

Auch der Öl-, Kupfer- und Goldpreis werden immer wieder als Indikatoren für die Börsenentwicklung genannt. Steigt der Goldpreis, wird das gern als Verunsicherung der Märkte interpretiert, da die Anleger „in den sicheren Hafen“ Gold investieren.

Umgekehrt verhält es sich bei Kupfer und Öl. „Wenn der Preis für Kupfer oder Öl fällt, ohne dass ein spezieller Grund wie Verknappung durch die OPEC dahintersteckt, dann kann man von fallender Nachfrage ausgehen“, erklärt Albrech. „Das wiederum könnte ein Zeichen sein, dass die Wirtschaft schwächelt.“ An der Börse werden Erwartungen gehandelt. Glauben Investoren Zeichen für einen wirtschaftlichen Einbruch zu erkennen, sinkt die Nachfrage nach Aktien, und entsprechend sinkt der Kurs.

Das allerdings ist auch der Grund, weshalb Prof. Burghof nicht an solche Vorhersehbarkeiten glaubt. „Gäbe es einen Indikator, der eine bestimmte Börsenentwicklung voraussehen würde, würden die Anleger das einpreisen. Damit würde der Wert des Indikators verloren gehen.“ Aber solche Geschichten gehörten an der Börse eben dazu. „Das ist normal am Kapitalmarkt.“

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