Eigentum bis Krankheit: Wilde Ehe richtig regeln

Berlin/Rastatt (dpa/tmn) - Mehr Paare leben ohne Trauschein zusammen. Meist funktioniert das unkompliziert. Schwierig wird es aber, wenn etwas passiert. Wer hat welche Rechte und Pflichten? Um Probleme zu vermeiden, sollten Paare möglichst frühzeitig Regelungen treffen.

Nicht-eheliche Lebenspartnerschaft, eheähnliche Gemeinschaft oder wilde Ehe: Wie auch immer man es nennen mag, wenn sich ein Paar entschließt, sein Leben miteinander zu teilen, ohne zu heiraten, ist es eine Gemeinschaft. Mehr als 2,6 Millionen Menschen mit Partner in Deutschland verzichten laut Statistischem Bundesamt mittlerweile auf den Trauschein. Das sind knapp 13 Prozent aller Paare. Und die unverbriefte Liebe wird immer beliebter. Seit 1996 ist die Zahl der wilden Ehen um 44 Prozent gestiegen.

Ein gemeinsames Lebens ohne Trauschein kann aber seinen Preis haben. Karin Vetter, Anwältin und Autorin eines Ratgebers, betont, dass sich aus dem bloßen gemeinsamen Zusammenleben keinerlei Rechte ergeben - egal, wie lange es währt. „Immer wenn es um große Investitionen und Verantwortlichkeiten geht, braucht man Verträge.“

Das fängt bereits mit dem Bezug der ersten gemeinsamen Wohnung an. „Wenn beide Partner den Mietvertrag unterschreiben, haben beide die gleichen Rechte und Pflichten“, sagt Jörn-Peter Jürgens vom Interessenverband Mieterschutz e.V. „Sie können den Mietvertrag nur zusammen kündigen und sie sind Gesamtschuldner.“ Der Vermieter könne sich also im Zweifelsfall die gesamte Miete von einem allein holen.

„Zieht ein Partner bei dem anderen ein, muss der Vermieter informiert werden“, sagt Jürgens. „Die Zustimmung kann der Vermieter aber nur mit schwerwiegenden Gründen verweigern, zum Beispiel wenn die Wohnung dadurch überbelegt ist.“

Durch die Aufnahme in die Wohnung ist der Lebenspartner aber nicht automatisch auch Mieter der Wohnung. Kommt es zur Trennung, kann er ohne Kündigungsschutz vor die Tür gesetzt werden. Ein Untermietvertrag hält Jürgens daher in vielen Fällen für eine gute Lösung. Dabei bleibt einer der Hauptmieter, und dieser schließt dann einen Untermietvertrag mit seinem Partner ab.

Wer beim gemeinsamen Mieten gute Erfahrungen gemacht hat, wird vielleicht auch zusammen eine Immobilie kaufen wollen. Christian Rupp vom Deutschen Notarverein empfiehlt, sich gemeinsam, entsprechend der Beteiligungsquoten an der Immobilie, ins Grundbuch eintragen zu lassen. Möglich sei aber auch ein Darlehensvertrag. Wenn zum Beispiel Partner A 200 000 Euro in die Immobilie gesteckt hat und Partner B nur 100 000 Euro, kann B bei A ein Darlehen aufnehmen - über 50 000 Euro. Ein solcher Vertrag ist formfrei möglich, dass heißt, er muss nicht von einem Anwalt oder Notar erstellt oder beglaubigt werden.

Steuerrechtsanwältin Karin Vetter rät, sich auf jeden Fall rechtlich beraten zu lassen. Man solle keine Verträge aus dem Internet benutzen. Dazu sei die Materie zu komplex und die Umstände der Partnerschaften zu individuell. „Man muss sich die Zahlungsströme bewusst machen und diejenigen, auf die man nicht verzichten kann, vertraglich festlegen“, empfiehlt sie.

Wer gemeinsame Kinder hat, muss sich auch Gedanken darüber machen, wie man sich und die Kinder im Fall einer Krise absichern kann. Vetter spricht von Krise bei Trennung, Krankheit oder Todesfall. Sie rät, bereits vor der Geburt das gemeinsame Sorgerecht zu beantragen. Wichtig sei es außerdem, die Vermögensnachfolge zu regeln. „Das Erbrecht, Erbschaftssteuer und das Sorgerecht sollte man dabei im Blick haben.“

Im Fall einer Trennung gibt es ohne vertragliche Regelung normalerweise keinen Unterhalt und keinen Versorgungsausgleich für den Partner - also keinen Anspruch auf einen Teil der Rente. In einem Vertrag kann das geregelt werden. Vor allem wenn ein Partner für die Familie seinen Beruf zurückstellt, sollte ein solcher Vertrag aufgesetzt werden, meint Karin Schwegler von der DANSEF, der Deutschen Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht.

Bei unverheirateten Paaren ist ein Testament wichtig, denn die Partner einer nicht-ehelichen Lebensgemeinschaft sind keine gesetzlichen Erben und haben keinen Anspruch auf einen Pflichtteil. Im Todesfall erben die Kinder, bei einem Paar ohne Kinder die Eltern. Wenn die Hälfte es Eigenheims plötzlich den Eltern des toten Partners gehört, kann das problematisch sein.

Doch nicht nur die Eigentumsverhältnisse sollten in einem Testament festgelegt werden. „Es gibt eine ganze Palette von Dingen, die man darin aufnehmen kann“, sagt Schwegler. „Etwa wie das gemeinsam erwirtschaftet Vermögen aufgeteilt wird oder wer das Fahrzeug oder die Wohnung übernimmt.“ Wichtig sei, dass die Verträge auf die Umstände des Paares zugeschnitten seien und dass sie hin und wieder überprüft und neuen Lebensumständen angepasst werden.

Das unverheiratete Paar sollte nämlich nicht vergessen: Auch wenn der Partner für einen selbst der Mensch ist, der einem am nächsten steht - vor dem Gesetz ist er nur ein Fremder.

Service:

Karin Vetter: Nichteheliche Lebensgemeinschaften, 204 Seiten, 9,90 Euro. Das Buch kann im Internet bestellt werden unter www.vz-ratgeber.de oder telefonisch unter 0211/380 95 55.

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