Dürfen Schüler ihren Lehrern Noten geben?

Der Bundesgerichtshof entscheidet über das Internetforum „Spickmich“.

Düsseldorf. Dürfen Schüler ihre Lehrer im Internet öffentlich benoten? Was am Dienstag vor dem Bundesgerichtshof (BGH) verhandelt wird, ist nicht nur spannend für Lehrer und Schüler. Das Urteil ist auch richtungsweisend für eine andere Berufsgruppe. Gerade erst hat die AOK angekündigt, dass ihre 24 Millionen Versicherten Ärzte im Internet bewerten sollen. Weitere Berufsgruppen, vielleicht Friseure oder Kfz-Mechaniker, könnten folgen, wenn der BGH grünes Licht für die Lehrerbewertung gibt. Das Pro und Kontra der vom BGH abzuwägenden Aspekte:

Lehrer, die ihrerseits doch auch die Schüler bewerten, müssen diesen Maßstab ebenso für sich gelten lassen. Es entspricht dem Recht der Schüler auf Meinungsfreiheit, wenn sie ihre Lehrer benoten. Auch wenn es für diese unangenehm sein kann, bekommen sie doch auf diese Weise einen Spiegel vorgehalten - fußend auf mehreren Beurteilungen. Die zusammen ein vielleicht objektiveres Bild ergeben als das, was der Pädagoge von sich selbst hat.

So erfährt er auch etwas über seine Schwächen. Er kann seine Anstrengungen für einen ansprechenden Unterricht verstärken. Eine solche Korrektur des Selbstbildnisses wäre ohne anonyme Stimmabgabe nicht möglich, weil Schüler bei offener Meinungskundgabe gegenüber dem Lehrer negativen Einfluss auf ihre eigene Bewertung befürchten müssten.

Lehrer, die ohnehin schon Zielscheibe pauschaler öffentlicher Kritik sind, können sich nicht gegen vielleicht völlig ungerechtfertigte Vorwürfe zur Wehr setzen. Zumal diese unter dem Schutz der Anonymität erhoben werden. Es drohen Dämme zu brechen. Demnächst bewerten Patienten vielleicht noch ihren Zahnarzt, der "mit zittrigen Händen den Bohrer ansetzt".

Ob der in einem solchen Internet-Forum erhobene Vorwurf stimmt oder aus der Luft gegriffen ist, kann ein Außenstehender gar nicht beurteilen. Doch das Werturteil ist dann in der Welt. Was bei Lehrern "nur" rufschädigend ist, kann in anderen Bereichen wirtschaftliche Konsequenzen nach sich ziehen. Auch drohen Kampagnen und Manipulationen - indem sich ein Einzelner mehrfach unter verschiedenen Namen auf die Seite einloggt und so ein (Vor-) Urteil multipliziert.

All dies wird der BGH abwägen. Gibt er Spickmich grünes Licht, so muss er auch Sicherheitspflöcke einschlagen. Vor allem, dass der Forums-Betreiber Betroffenen gegebenenfalls die Klarnamen weitergeben muss, damit diese sich bei Behauptung falscher Tatsachen oder Beleidigungen wehren können.

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