Abschied von der Lohnsteuerkarte auf Raten

Berlin (dpa/tmn) - Beschäftigte haben in diesem Jahr vergeblich auf ihre Lohnsteuerkarte für 2011 gewartet. Der Grund: Die Karte aus Papier hat ausgedient. Künftig sollen die Steuerdaten elektronisch verwaltet werden.

Übergangsweise gilt jedoch die Karte von 2010 weiter.

Ob grün oder gelb, ob rot oder orange: Die farbige Pappe kam fast 90 Jahre so regelmäßig wie Weihnachten. Bald hat sie ausgedient, die vertraute Lohnsteuerkarte. Sie muss der Elektronik weichen. Die Karte 2010 ist die letzte ihrer Art. Für 2011 lag schon keine mehr im Briefkasten, von 2012 an soll der Computer die zur Berechnung der Lohnsteuer benötigten Daten ausspucken.

Die bisher auf der Lohnsteuerkarte notierten Informationen, etwa Freibeträge, werden dann ausschließlich elektronisch verwaltet. Die im Beamtendeutsch „Elektronische Lohnsteuer-Abzugsmerkmale“ (ELStAM) genannten Angaben fließen in eine Datenbank des Zentralamtes für Steuern in Bonn. Darauf werden die Arbeitgeber Zugriff haben.

Die Neuerung, so das Bundesfinanzministerium in Berlin auf seiner Internetseite, befreie Bürger, Unternehmen und Finanzämter von lästigem Papierkram. Dass die 2010er-Karte auch 2011 gilt, ist eine Notlösung. Das elektronische Prozedere geht wegen technischer Probleme erst mit Verspätung vollständig an den Start: 2012 statt 2011.

Arbeitnehmern erspart das Verfahren generell einen Gang - den ins Personalbüro zwecks Abgabe der Lohnsteuerkarte. „Der Arbeitgeber darf die Karte zum Jahresende 2010 nicht, wie sonst üblich, vernichten“, erläutert der Geschäftsführer des Bundesverbands Lohnsteuerhilfevereine in Berlin, Erich Nöll. „Er muss sie aufbewahren.“ Alle Angaben auf der 2010er-Karte werden für 2011 übernommen. Was sich im neuen Jahr ändert - Heirat, Geburt, Scheidung, Freibeträge, Steuerklasse -, komme auf die 2010er-Karte.

Neu ist, dass künftig nicht mehr das Einwohnermeldeamt erste Anlaufstelle für Einträge und Änderungen ist, sondern das Finanzamt. Grundsätzlich gilt: „Alles, was 2011 betrifft, ab sofort beim Finanzamt beantragen“, rät Nöll.

Um Überraschungen im Einkommensteuerbescheid zu vermeiden, sollten Arbeitnehmer auf jeden Fall überprüfen, ob die Höhe der derzeit eingetragenen Freibeträge auch 2011 zutrifft und sie bei Bedarf anpassen, empfiehlt die Bundessteuerberaterkammer in Berlin. Verringert sich ein Freibetrag - zum Beispiel, weil die Fahrtkosten zur Arbeit gesunken sind -, bittet der Fiskus sonst nachträglich zu Kasse. Das Finanzministerium stellt außerdem klar: Jede Änderung zu Gunsten des Steuerzahlers hat dieser dem Finanzamt zu melden. Dazu muss 2011 die Lohnsteuerkarte 2010 vorlegt werden.

In diesem Fall lohnt es zu überlegen, ob sich der Aufwand rechnet. Eventuell ist es günstiger, auf Freibeträge zu verzichten und Belastungen direkt über den Lohnsteuerjahresausgleich zurückzuholen. Wer 600 Euro Werbekosten als Freibetrag eintragen lässt, bekommt pro Monat 50 Euro steuerfrei angerechnet. „Je nach Steuerklasse sind das 15 Euro netto“, sagt Nöll. Im Jahresausgleich fließen die 600 Euro auf einen Schlag aufs Konto - ohne Lauferei.

Von 2012 an sollen Einträge auf der Steuerkarte ausschließlich elektronisch über ELStAM laufen. Das Verfahren soll nach den Plänen des Finanzministeriums alle Schritte von der Ausstellung der Lohnsteuerkarte bis zur Abgabe beim Arbeitgeber ersetzen. Er kann die in ELStAM gespeicherten Daten abrufen und ins Lohnkonto übernehmen. Schon jetzt schickt der Arbeitgeber die Auskunft über den Verdienst eines Mitarbeiters automatisch an den Fiskus: „Was der Arbeitgeber weiß, weiß das Finanzamt.“ Welche Daten gespeichert sind, sollen Arbeitnehmer von 2012 an über das Internet abfragen können.

Beim Antritt einer neuen Stelle werden dann nur die steuerliche Identifikationsnummer und das Geburtsdatum angegeben. Die restlichen Daten wandern elektronisch mit. Im kommenden Jahr bleibt beim Jobwechsel allerdings alles beim Alten: die Lohnsteuerkarte beim alten Unternehmen abholen und dem neuen Personalbetreuer geben.

Wer 2011 zum ersten Mal eine Lohnsteuerkarte braucht, wie ein Auszubildender, geht zum Finanzamt und beantragt dort eine sogenannte Ersatzbescheinigung. Dem Arbeitgeber genügt die Angabe von Geburtsdatum und Steueridentifikationsnummer, um sie in die Datenbank einzuspeisen. Außerdem müssen Azubis schriftlich bestätigen, dass es ihr erstes Arbeitsverhältnis ist. Trotz Verzicht auf die Pappe zugunsten digitaler Erfassung bleibt eines erhalten: die Steuererklärung.

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